Wie
David Cantalupo, der aus den USA stammende Geschäftsführer des
Bookworm, auf der
Website des Unternehmens schreibt, sei man trotz aller Anstrengungen in den vergangenen 14 Jahren ein Opfer der Säuberungsaktionen geworden, die seit 2017 laufen und sich gegen „
illegale Strukturen“ in der chinesischen Hauptstadt richten.
Darunter können Menschen mit zweifelhaftem Aufenthaltsstatus genau so fallen wie beispielsweise Gebäude, die ohne Baugenehmigung errichtet wurden. Im Fall des „Bookworm“ werden die Gründe vielleicht nie bekannt werden, wie FAZ-Ostasienkorrespondentin Friederike Böge auf FAZ.NET schreibt. Jedenfalls, so Cantalupo auf der Unternehmens-Website, sei es dem Kulturzentrum nicht gelungen, seinen Mietvertrag zu verlängern. Nun steht die kurzfristige Schließung vor der Tür, und der Geschäftsführer lädt alle Freunde des Bookworm ein, vorbeizukommen und Bücher zu kaufen – mit erheblichen Preisnachlässen.
The Bookworm startete vor 14 Jahren als englische Leihbücherei, wurde zur Buchhandlung mit Cafe und Restaurant und hat sich seither als kultureller Treffpunkt in Beijing etabliert. Eine Vielzahl an Autoren und Künstlern traten im Bookworm auf, Vertreter von Botschaften kamen zum Gesprächsaustausch, und auf der Dachterrasse fanden Empfänge statt. So feierte beispielsweise das
German Book Office der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Jahr seinen 20. Geburtstag dort.
Die Location liegt im beliebten Ausgehviertel
Sanlitun im östlichen Stadtbezirk
Chaoyang. Es ist ein Ort, der zum Nachdenken und zum Stöbern einlädt, und das große Interesse an internationaler Literatur wie an englischen Übersetzungen aus dem Chinesischen befriedigt. Inzwischen umfasst das Angebot mehr als 16.000 Titel.
Chinakritische Bücher, so Friederike Böge in der "FAZ", durfte der Bookworm allerdings seit geraumer Zeit nicht mehr verkaufen. Inzwischen betreibt „The Bookworm“ weitere Standorte in
Suzhou und
Chengdu, die offenbar nicht von der Schließung betroffen sind.
Offen bleibt, ob das kurzfristige Aus für den Bookworm mit der verschärften Gangart der chinesischen Partei- und Staatsführung gegenüber Autoren, Verlegern (wie
Gui Minhai) und bildenden Künstlern zu tun hat. Literatur- und Kunstszene sind seit einiger Zeit wegen zunehmender Bevormundungsversuche der Regierung verunsichert. Insgesamt wird von Autoren und Künstlern ein prochinesischer Konformismus erwartet, wohingegen westlicher Kultur zunehmend wieder mit Misstrauen begegnet wird. Insgesamt soll der westliche Einfluss zurückgedrängt werden, wie dies auch die Angriffe auf die liberale Zivilgesellschaft in
Hongkong zeigen.
roe
da muss ich Ihnen widersprechen. Der euphemistische Begriff "Säuberungskampagne" ist eindeutig negativ konnotiert, davon zeugt das gesamte geschichtswissenschaftliche Schrifttum. Auf der Website des "Bookworm" ist von "cleanup of 'illegal structures'" die Rede, cleanup ist dabei nicht in Anführungsstriche gesetzt.