Die Ende März verabschiedete Richtlinie enthalte Regelungen für viele unterschiedliche Bereiche des Urheberrechts, schreibt der Börsenverein in dem Papier, das hier abrufbar ist: "Salopp gesprochen handelt es sich aus urheberrechtlicher Sicht um einen großen Kessel Buntes, der sich aus inhaltlich völlig separaten Bestandteilen zusammensetzt", so der Verband.
Schon die Diskussion auf EU-Ebene habe gezeigt, wie schwierig es ist, vollkommen disparate Regelungen zu einem gesetzgeberischen Mammutprojekt zu verklammern: "Es ist absehbar, dass sich dieselben Defizite bei der nationalen Umsetzung ergeben werden, wenn diese nicht in inhaltlich sinnvoll gruppierten Einzelprojekten, sondern gesamthaft und damit unter dem Schatten des großen Streitthemas Plattformhaftung erfolgt", heißt es in der Stellungnahme weiter.
Der Börsenverein empfiehlt dem Bundesjustizministerium und der Bundesregierung deshalb, zu prüfen, ob es für Qualität und Tempo der Umsetzung nicht wesentlich besser wäre, "drei oder vier separate Umsetzungspakete zu schnüren statt sich womöglich an einem großen einheitlichen Gesetzgebungsverfahren zu verheben."
Verlegerbeteiligung - so schnell wie möglich
In jedem Fall fordert der Verband, die Umsetzung von Artikel 16 der Richtlinie in einem eigenen Gesetzgebungsverfahren vorzuziehen (Verlegerbeteiligung an Erlösen aus gesetzlich erlaubten Nutzungen verlegter Werke): "Seit 2015 erhalten Verlage keinen garantierten Ausgleich mehr, wenn ihre Bücher und Zeitschriftenartikel privat kopiert, durch Bibliotheken verliehen oder sonst in gesetzlich erlaubter Weise genutzt werden," macht der Börsenverein deutlich. Dadurch seien ihnen praktisch sämtliche Einnahmen weggebrochen, die sie seit über 50 Jahren von Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort, der VG Bildkunst und der GEMA aus diesen Nutzungsfeldern erhalten hätten.
Der Börsenverein erinnert in der Stellungnahme daran, dass Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat sich bereits mehrfach unmissverständlich für die Rückkehr zu einer fairen und rechtsicheren Regelung der Verlegerbeteiligung ausgesprochen hätten - sobald die notwendige Korrektur auf EU-Ebene erfolgt sei. "Dies ist jetzt der Fall. Jeder Tag, der nun noch ungenutzt verstreicht, schadet Verlagen, ihren Autorinnen und Autoren, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mittelbar auch ihren Leserinnen und Lesern."
Die EU-Copyright-Richtlinie, die vor allem durch die aufgeheizte Debatte über "Upload-Filter" für Schlagzeilen und öffentliche Proteste sorgte, muss bis Juni 2021 in deutsches Recht umgesetzt werden. Bis zum 6. September hatten Vereine, Verbände und andere "interessierte Kreise" die Möglichkeit, eine Stellungnahme dazu abzugeben und Umsetzungsvorschläge einzureichen.