Klaus Kowalke (Buchhandlung Lessing und Kompanie, Chemnitz), Julia Eisele (Eisele Verlag), Joachim von Zepelin (Secession Verlag), Julia Claren (Dussmann – Das Kulturkaufhaus, Berlin) und Deniz Ulucan (Media Control) diskutierten auf Einladung des Börsenblatts im neuen Treffpunkt Buch über die neue Indie-Bestsellerliste. Viele Zuschauer verfolgten das von Börsenblatt-Redakteurin Tamara Weise moderierte Gespräch der Branchenteilnehmer, die ihre unterschiedlichen Perspektiven auf die Möglichkeiten und Notwendigkeiten einbrachten.
Marktdaten für Independents
Dass die neue Bestsellerliste für Indie-Belletristik eine feine Sache ist, darüber waren sich die Podiumsteilnehmer einig: Julia Claren, Geschäftsführerin von Dussmann – Das Kulturkaufhaus in Berlin, hält es für "unglaublich gut und wichtig, dass diese Liste jetzt kommt" – weil sie eine Chance sei, zusätzliche öffentliche Sichtbarkeit für die Indies zu schaffen. Deniz Ulucan vom Marktforschungsunternehmen Media Control, das die Zahlen für das Verkaufsranking erhebt, erläuterte, wie repräsentativ die Ergebnisse seien: "Wir erheben so viele Daten wie noch nie: Rund 9000 Verkaufsstellen melden inzwischen ihre Verkaufszahlen", freute sich Ulucan. Julia Claren erzählte, dass Dussmann seit einer Weile auch an Bord sei: Anfangs hätte sie etwas Bedenken gehabt, die Zahlen herauszugeben, inzwischen sieht sie es anders: "Ich habe schon die Hoffnung, dass wir geschätzte Bücher pushen können und später sagen: ‚Ha, den Titel haben wir mit auf die Liste gebracht!"
Das Herz des Sortiments
Sowohl im großen Kulturkaufhaus Dussmann als auch in Klaus Kowalkes Buchhandlung Lessing und Kompanie spielen die Bücher aus Independent-Verlagen eine große Rolle: Für Dussmann bilden die besonderen Entdeckungen der rund 50 sehr selbstständig agierenden Einkäufer das Herz des Sortiments, sie sollen bei den Kunden Interesse wecken und Inspiration bieten. Auch bei Kowalke bilden die Bücher aus kleinen Verlagen einen wichtigen Schwerpunkt. "Kleine Buchhandlungen sollten sich die kleinen, feinen Programme der Indies anzuschauen", konstatiert Buchhändler Klaus Kowalke: "Wenn man keine Mainstream-Hölle sein will, muss man sich die Mühe machen. Die Verlage machen ein Programm – und wir im Buchladen auch." Secession-Verleger Joachim von Zepelin stellte fest, dass die beiden Buchhändler auf dem Podium die Indie-Charts eigentlich nicht bräuchten, sie nähmen die Verlagsprogramme der Kleinen ohnehin wahr. "Diese Liste ist vor allem für Buchhändler interessant, die uns noch nicht kennen." Hier könnten die Charts Interesse schüren und Orientierung bieten.
Aus Verlagssicht sei es aber auch interessant zu sehen, wo die Kollegen stehen, welche Titel es im Verkaufsranking nach oben schaffen – und welche nicht. Der einzige Fehler der aktuellen Liste sei, dass der Secession Verlag nicht draufstehe, sagte der Verleger mit einem Augenzwinkern; aber was nicht ist, könne ja noch werden. Julia Eisele vom noch jungen Eisele Verlag kann sich über gleich zwei Platzierungen freuen. Sie erzählte, dass dieser Erfolg durchaus wahrgenommen werde, sogar international, wie die Glückwunsch-Mails zeigten. "Das ist natürlich etwas, dass im Gespräch mit Verlagen und Agenturen helfen kann, zum Beispiel in Hinblick auf Lizenzverkäufe", sagte die Verlagschefin. "Liebe Indie-Verlage, passt auf, dass euch nicht die Autoren weggekauft werden!", warnte daraufhin Julia Claren. Die anwesenden Verleger machen sich darüber aber nicht mehr Sorgen als früher. Diese Gefahr bestünde schon immer, dementgegen wirken könne man mit intensiver Autorenbetreuung, die für eine enge Bindung sorge.
Einheitliches Siegel für die Wiedererkennung
Überhaupt fanden die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer wenig kritische Worte zur ersten Independent-Bestsellerliste, formulierten aber Wünsche. Besonders ein einheitliches Siegel, das für Wiedererkennung beispielsweise in Vorschauen und auf VLB-TIX sorgen kann, wäre enorm wichtig und nützlich, befanden sie einhellig. Das Gleiche gelte für die Sichtbarkeit bei den Endkunden: "Es wäre sehr hilfreich, wenn die Indie-Liste nicht allein im Branchenmagazin Börsenblatt, sondern auch in einer allgemeinen Zeitschrift abgedruckt werden würde", merkte Julia Eisele an. Von Zepelin ergänzte zusammenfassend: „Alles, was der Geheimhaltung dieser Bestsellerliste entgegenwirkt, sollte gemacht werden." Deniz Ulucan von Media Control und Tamara Weise betonten, dass die Indie-Bestsellerliste erst am Anfang stehe und in viele Richtungen weitergedacht werde. "Wir freuen uns über Hinweise aus der Branche, wie wir die Charts so weiterentwickeln können, dass sie zu einem noch nützlicheren Arbeitsinstrument werden", so Weise.
MVB-Geschäftsführer Ronald Schild gratulierte während der leipziger Buchmesse Kein&Aber-Verleger Peter Haag zum ersten Platz auf der ersten Indie-Bestsellerliste. Platz eins erreichte Robert Seethaler, "Der Trafikant".