Gastspiel zum Jahreswechsel

Buchbranche, wie geht es dir?

17. Dezember 2021
von Markus Klose

Schon im ersten »Asterix«-Band wird diese Frage gestellt, und so will auch Markus Klose kurz vor dem Ende der Adventszeit des Jahres 2021 von der von ihm geliebten Branche wissen: Quomodo vales?

Es wird Zeit, dieser Branche kurz vor Weihnachten unsere Liebe auszusprechen. Sie gilt ihr so sehr wie dem kleinen gallischen Dorf, das in diesem Jahr sein 39. Abenteuer erleben durfte. Ähnelt nicht der Buchmarkt verblüffend eben jener Welt: klare Strukturen, große Traditionen, keine Anpassungen, widerständig, robust, ja unangreifbar? Vielleicht besonders gut abzulesen an den Fachtermini, die gegen den Trend nie durch moderne Anglizismen ersetzt wurden.

Der Zwischenbuchhandel
Altehrwürdige Bezeichnung. Schlusszufolgern ist, dass ein Erst- und ein Letztbuchhandel existieren muss – dieser nun steckt dazwischen. Historiker werden wissen, wann die Versammlung von Auslieferungen, Barsortimenten (schon dieses Wort hat es verdient, gewürdigt zu werden) und Transportdiensten benamt wurde, nun aber ist dieser Teil der Branche längst so bedeutend, dass es einen eigenen Ausschuss dafür gibt, dessen wesentliche Leistung seit Jahrzehnten die Logistik-Umfrage und eben nicht das Logistics Panel ist.

Der Büchersammelverkehr
Da kann Libri noch so »O du Fröhliche: Booxpress!« singen, es heißt dennoch immerdar Büchersammelverkehr – ein wahrlich sprechender Begriff. Bücher werden per Verkehr versammelt und gesendet. Warum das mit Fremdwörtern zum Ausdruck bringen? Wie sagt Methusalix: »Ich habe nichts gegen Fremde, einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden sind nicht von hier.«

Die Buchhändler-Abrechnungsgesellschaft
Die BAG wurde 1956 gegründet, um auf rationelle Weise den Austausch von Rechnungen und Zahlungen zu erleichtern. Eine großartige Erfindung, die, bis auf eine kurze Zeit, wir wollen sie ausnahmsweise Zanolli-»Gate« nennen, bis heute funktioniert. Diese Krise übrigens entstand auch, weil sich die Abrechnungsgesellschaft entschied, »Factoring« mit anzubieten. Rein sprachlich hätte eigentlich schon klar sein müssen, dass das nicht funktionieren kann.

Das Börsenblatt
Jede Person außerhalb der Buchwelt erwartet bei diesem Begriff ein Broschürchen mit Aktientipps. Aber nein! Der Begriff Börse, alle wissen das, die den Text jetzt hier lesen, entstand aus buchhändlerischen Messen ähnlichen Buchverkaufstreffen in Leipzig im 19. Jahrhundert. Seitdem gibt es auch das dazugehörige Blatt, das die Kunst beherrscht, drei Sparten, die Wirtschafts­betriebe (die sogenannten Töchter, auch nice), einen Verein und alle anderen Interessierten und deren unterschiedliche Perspektiven zusammenzubringen.

Die Vorsteherin
In festlichem Glanze flackernder Kerzlein am Christbaume soll diese ganz besonders gelobt werden. Jeder andere Verein verfügt über eine gewöhnliche Vorsitzende. Das aber wäre zu wenig für unsere Branche. Hier wird nicht gesessen, hier wird gestanden! Die vor uns allen Stehende also repräsentiert die Mitglieder, wird geheim gewählt und gestaltet als Ehrenamtliche gemeinsam mit dem Hauptamt die Geschicke des Vereins. Ehren und Haupt … nur die Lorbeeren des Cäsar fehlen noch.
 

Das gallische Dorf hatte es nie leicht, es blieb und bleibt aber standhaft.

Markus Klose

Man hört auch im zweiten Jahr nach C. von geringeren Mitgliederzahlen unseres Vereins, von schwieriger finanzieller Lage. Man hört von einer amerikanischen Mailorder-Company, die ohne Büchersammelverkehr und Buchhändler-Abrechnungsgesellschaft auskommen will, von einer umsatzstarken Großbuchhandlung, die aber immerhin eine (allerdings griechische) Muse zum Namen hat, von Zwischenbuchhändlern, die sich auch ­Adler widmen, man sieht ein tapferes Börsenblatt mit weniger Advertising als in der Vergangenheit. Und doch wissen wir, zuletzt wieder aus dem »Greif«: Auch das gallische Dorf hatte es nie leicht. Es blieb und bleibt aber standhaft. Und so endet dieser Text mit einem fast weihnachtlichen Zitat des Legionärs Kein­entschlus: »Vinum et musica laetificant cor!«