E-Books fallen unter den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Warum kommt das Thema jetzt erst – zwölf Jahre, nachdem der Staatsvertrag in Kraft getreten ist – in der Buchbranche aufs Tapet?
Das Thema ist bei uns virulent geworden, weil wir Beschwerden von Internetnutzern bekommen haben. Wir sind dann auf den jeweiligen Anbieter zugekommen, gegen den sich die Beschwerde gerichtet hat. Nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist das Unternehmen, gegen das sich die Beschwerde richtet, unser Ansprechpartner.
Der Börsenverein ist dann auf diese Fälle aufmerksam geworden und auf Sie zugegangen …
Ja, wir haben dann mit dem Justiziar des Börsenvereins, Herrn Sprang, Gespräche aufgenommen.
Halten Sie es denn für angemessen, dass E-Books, also digitale oder digitalisierte Bücher, genauso behandelt werden wie Video-on-Demand-Angebote oder Web-TV?
Das liegt nicht in unserem Ermessen. Die Medienaufsicht in Deutschland hat den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag umzusetzen. Bücher, die elektronisch verbreitet werden, sind in der Regel Telemedien, die unter die Bestimmungen des Vertrags fallen.
Sie suchen jetzt nach einer Lösung, die den Jugendmedienschutz – in Anlehnung an die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft – umsetzt. Es soll eine entschärftere Version geplant sein, die nur für Bücher, die ab 16 Jahre aufwärts zulässig sind, eine Kennzeichnungspflicht vorsieht …
Wir müssen darauf achten, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Es gibt im Internet natürlich eine ganze Reihe von Problemfeldern: Es gibt absolut unzulässige Inhalte, es gibt relativ unzulässige Inhalte und es gibt Inhalte, die die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen. Der Hauptfokus der Aufsicht liegt auf unzulässigen Angeboten, hier also auf pornographischen Büchern, die laut Staatsvertrag nur in einer geschlossenen Nutzergruppe für mindestens 18-jährige Personen angeboten werden dürfen. Zu den darunterliegenden Altersstufen macht sich der Börsenverein jetzt Gedanken. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, die jeweilige Seite für ein Jugendschutzprogramm zu programmieren – eine wenig aufwendige, eher milde Maßnahme für alles, was sich unterhalb des unzulässigen Bereichs bewegt.
Es ist aber nicht geplant, jedes E-Book in Analogie zum FSK-Modell mit einer Altersfreigabe zu versehen?
Die FSK prüft Filme und Videos. Das hat mit den E-Books zunächst nichts zu tun. Im Gegensatz zu Kino und DVD ist der Anbieter im Internet für die Einstufung seines Inhalts selbst verantwortlich. Er muss den Inhalt nicht vor Veröffentlichung bei einer Einrichtung wie der FSK prüfen lassen.
Der Börsenverein schlägt unter anderem vor, im VLB ein Pflichtfeld einzurichten, in das eingetragen werden soll, ob Inhalte nach Einschätzung der Anbieter nur für Leser ab 16 zugänglich gemacht werden sollen. Wäre das in Ihrem Sinne?
Uns ist vor allem wichtig, dass die Schutzregelungen umgesetzt werden. Den Weg dorthin legen wir nicht fest. Es wäre aber aus unserer Sicht ein begrüßenswerter Schritt, wenn an einem Punkt angesetzt würde, an dem eine starke Breitenwirkung erzielt würde. Auf die VLB-Datenbank als Referenz können sich alle beziehen, für die einzelnen Handelsplattformen wäre es sicher einer große Herausforderung, wenn sie die angebotenen Bücher selbst auf ihre Inhalte hin prüfen müssten.
roe
Verena Weigand leitet den Bereich “Medienkompetenz und Jugendschutz” bei der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM).