Fehlende Alternativen für Hörbuchverlage

Bundeskartellamt leitet Verfahren gegen Audible/Amazon und Apple ein

16. November 2015
Redaktion Börsenblatt
Das Bundeskartellamt hat ein Verwaltungsverfahren gegen die Amazon-Tochter Audible.com und gegen die Apple Computer Inc. auf den Weg gebracht. Das Kartellamt will prüfen, ob die Hörbuchverlage noch wirkliche Alternativen beim Absatz ihrer digitalen Audio-Books haben. Update: Der Börsenverein begrüßt die Entscheidung.

Apple und Audible unterhalten eine langjährige Vereinbarung über den Bezug von Hörbüchern für Apples iTunes-Store. "Die beiden Unternehmen haben bei dem digitalen Angebot von Hörbüchern in Deutschland eine starke Position. Daher sehen wir uns veranlasst, die Vereinbarung zwischen diesen beiden Wettbewerbern im Hörbuchbereich genauer zu prüfen", begründete Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, die Entscheidung. "Es muss sichergestellt sein, dass den Hörbuchverlagen für den Absatz ihrer digitalen Hörbücher hinreichende Ausweichalternativen zur Verfügung stehen."

Die Einleitung des Verfahrens erfolgte auf die Beschwerde des Börsenvereins hin, die sich gegen verschiedene Verhaltensweisen von Audible wendet, unter anderem die exklusive Belieferung des iTunes-Store von Apple. Mundt wies darauf hin, dass das Bundeskartellamt "im engen Kontakt mit der Europäischen Kommission" steht, der die Beschwerde ebenfalls vorliegt.

"Wir begrüßen es, dass das Bundeskartellamt unsere Darstellung zum Anlass nimmt, ein Verfahren einzuleiten", kommentiert Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, die Entscheidung des Bundeskartellamts. "Hörbuchverlage brauchen eine adäquate Möglichkeit, ihre Hörbücher auch unabhängig von Audible vertreiben zu können. Das ist in der derzeitigen Konstellation nicht möglich," betonte der Verband in seiner Stellungnahme.

Die Leidtragenden der aktuellen Situation seien nicht nur Hörbuchverlage, sondern auch Buchhändler sowie der Zwischenbuchhandel - "und am Ende der Leser und Hörer, denn eine solche Geschäftspolitik gefährdet die kulturelle Vielfalt und die Qualität auf dem Buchmarkt", so der Verband.

Über die Onlineplattformen von Audible und Amazon sowie über den iTunes Store von Apple, der von Audible exklusiv beliefert wird, werden nach Menge und Umsatz mehr als 90 Prozent aller Hörbuch-Downloads in Deutschland getätigt, wie der Börsenverein vorrechnet. Der Verband hatte in seiner Beschwerdeschrift an das Bundeskartellamt den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung beim Vertrieb digitaler Hörbücher durch Amazon und dessen Tochter Audible beanstandet. Der Vorwurf: Audible nutze seine Marktstellung, um Hörbuchverlagen unzumutbare Bedingungen für die Vermarktung digitaler Hörbücher aufzuzwingen. Die Verlage sollten durch Kündigung bestehender Lizenzverträge in ein Flatratemodell gedrängt werden, mit dem deutlich niedrigere Umsätze erzielt würden. 

Parallel dazu hatte sich der Börsenverein an die EU-Kommission gewandt, um auch formal Beteiligter des laufenden Kartellverfahrens der Brüsseler Wettbewerbshüter gegen Amazon zu werden. Auf diese Weise solle gewährleistet werden, dass sich die Kommission "ein vollständiges Bild von den kartellrechtswidrigen Praktiken von Firmen der Amazon-Gruppe machen kann", wie es in der Mitteilung des Verbands heißt.

Audible ist ein führender Anbieter von Hörbüchern in Deutschland mit Schwerpunkt bei Hörbuch-Downloads, die sowohl über Audible.de als auch über die Amazon-Handelsplattform abrufbar sind. Darüber hinaus zählt Audible zu den größten Produzenten von Hörbüchern in Deutschland und Europa. Apple betreibt mit dem iTunes-Store eine der größten digitalen Medien-Handelsplattformen, die neben Musik, Videos und Apps auch eBooks und Hörbücher für den Download anbietet.