Der Kläger Martin Vogel zum VG-Wort-Urteil

Erleichterung, aber kein Jubel

26. April 2016
Redaktion Börsenblatt
Der Kläger gegen die VG Wort, der Jurist und Autor Martin Vogel, sieht sich durch das Urteil des Bundesgerichtshofs in seiner Rechtsauffassung bestätigt. Er sei erleichtert, sehe aber keinen Anlass zum „Jubilieren“, wie er auf Anfrage dem Börsenblatt mitteilt.

Den Vorwurf des Börsenvereins, das Urteil versetze der einzigartigen deutschen Verlagskultur einen schweren Schlag, indem es der seit Jahrzehnten mit Erfolg betriebenen gemeinsamen Rechtewahrnehmung von Autoren und Verlegern in den urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften den Boden entziehe, hält Vogel für vorgeschoben: „Wenn nun beklagt wird, das BGH-Urteil zerstöre eine lange, bewährte Verlagskultur, so ist dies ein wenig überzeugender und durchsichtiger Einwand. Denn die beschworene Kultur beruht darauf, dass die Verleger mit Unterstützung der VG Wort und den in ihren Gremien mit einem Vetorecht ausgestatteten verlegerischen Berufsgruppen eine Verteilung aufrechterhalten, die rechtlich unzulässig ist und die Urheber um bis zur Hälfte ihrer gesetzlich verbrieften Vergütung bringt. Rechtswidrige Statuten haben bekanntlich keine Bestandsberechtigung. “

Zur Situation kleinerer Verlage, deren Existenz nun durch Rückforderungen der VG Wort bedroht ist, bemerkt Vogel: „Ich verstehe nur sehr bedingt, wenn nach dem gerade verkündeten Urteil des BGH das Schicksal der kleinen Verlage beklagt wird. Auch sie hätten mit einem für sie negativen Urteil rechnen müssen. Man hat ihnen freilich Sand in die Augen gestreut. Sollten sie jetzt wirtschaftlich in Schwierigkeiten geraten, bedauere ich das natürlich, weil ich selbst ein großer Freund gedruckter Lektüre bin. Aber ich bin auch ein großer Freund gerade derjenigen Autoren, die weit unter dem Durchschnitt verdienen und in prekären Verhältnissen leben. Auch deren Situation muss bedacht werden.“

Vogel übt in diesem Zusammenhang Kritik an dem ins Spiel gebrachten Begriff der „Symbiose“ von Urhebern und Verlegern. Es handele sich um einen „versöhnlichen wie die Rechtslage verschleiernden Begriff“, der dazu diene, „den Urhebern die Hälfte der ihnen kraft Gesetzes zustehenden gesetzlichen Vergütung abzujagen“. Symbiose sei „kein rechtlich relevanter Begriff“, "zumal Urheber und Verleger in bestimmten Fragen eben unterschiedliche Interessen haben, die sie untereinander in Ausgleich bringen müssen."

Den Verlagen hält Vogel zudem mangelnde Voraussicht vor. Niemand habe ernsthaft annehmen können, dass nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs alles so bliebe wie bisher: „Über jetzt fällige Rückzahlungen dürfen sich die Verlage nicht beschweren. Das liegt in der Natur von Rückzahlungsansprüchen. Als sorgfältige Kaufleute hätten sie mit Rückforderungen rechnen und diese in ihre wirtschaftlichen Überlegungen einbeziehen müssen – was in der Praxis viele Verlage getan haben, andere eben nicht. Ihr wirtschaftliches Risiko durch den Gesetzgeber ausgleichen zu lassen, halte ich für höchst problematisch. Das ist nicht Aufgabe des Staates in einer freien Marktordnung."

Die nun bestätigte Rechtslage hindere allerdings Autoren, die sich für die Beibehaltung der Verlegerbeteiligung ausgesprochen haben, insbesondere die Mitglieder von ver.di und dem DJV, nicht daran, „ohne eine rechtliche Verpflichtung ihre Verleger an ihrem Aufkommen aus den gesetzlichen Vergütungsansprüchen wie bisher – nur eben nachträglich – zu beteiligen; um Doppelzüngigkeit zu vermeiden, sollten sie das auch tun".

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