Urheberrecht

16 Fragen zur Kulturflatrate

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Die deutschen Schriftsteller, Übersetzer und Verleger haben der SPD und Bündnis 90 / Die Grünen einen Fragenkatalog zur Kulturflatrate vorgelegt.

"Wir Urheber möchten gerne wissen, was eine Kulturflatrate für uns bedeuten würde", so Imre Török, Vorsitzender des Schriftstellerverbands in der Gewerkschaft Verdi. "Die Wahlprogramme und auch das von den Grünen in Auftrag gegebene Rechtsgutachten lassen konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung vermissen", ergänzt Hinrich Schmidt-Henkel, Vorsitzender des Übersetzerverbandes. "Wir suchen daher den Dialog und fordern SPD und Grüne auf, unsere Fragen zu beantworten", sagt Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins. Die 16 Fragen sollen verdeutlichen, welche Sachverhalte nach Ansicht der Kreativen geprüft werden müssen. Ziel: eine nachhaltige Lösung für den Umgang mit dem Urheberrecht im Internet.

 

Fragenkatalog zur Kulturflatrate

 

  • Wenn mit den Einnahmen aus der Kulturflatrate eine angemessene Vergütung der Urheber sichergestellt werden soll, wie hoch muss dann die monatliche Pauschalabgabe sein? Sind die von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ins Spiel gebrachten 50 Euro überhöht / ausreichend / nicht ausreichend?


  • Sollen bedürftige Internetnutzer ein Nutzungsrecht zum Nulltarif haben? Wenn ja: Geht dies zu Lasten der Urheber oder soll der Staat die Zahlung der Kulturflatrate für sie übernehmen?

 

  • Sollen auch diejenigen Internetnutzer zur Zahlung der Kulturflatrate herangezogen werden, die ausschließlich kostenpflichtige legale Angebote für (Hör-)Bücher, Musik und Filme nutzen?

 

  • Soll es eine einzige, branchenübergreifende Kulturflatrate geben oder sind stattdessen Sparten-Flatrates geplant, bei denen Nutzer über gewollte Arten der Nutzung und deren Bezahlung entscheiden können? Falls ja, wie soll die Art der Nutzung zugänglich gemacht oder kontrolliert werden?

 

  • Sollen Kulturflatrate und Rundfunkgebühren nebeneinander bestehen oder soll es eine einheitliche Abgabe geben, die beides einschließt? Wenn es nur eine Abgabe geben soll: Ist geplant, die GEZ auch mit dem Einzug der Zahlungen für die Kulturflatrate zu beauftragen? Wenn die Abgaben nebeneinander bestehen: Welche Stelle soll dann die Gelder für eine Kulturflatrate einziehen?

 

  • Sollen sich kostenpflichtige Angebote parallel zu einer Kulturflatrate am Markt etablieren bzw. weiter entwickeln können? Wenn ja: Wie lassen sich Kannibalisierungseffekte durch zulässige Nutzungen illegaler Angebote verhindern? Wenn nein: Sollen auf andere Weise Anreize für die Schaffung attraktiver, nutzerorientierter Plattformen geschaffen werden?

 

  • Dürfen urheberrechtlich geschützte Werke nach Einführung einer Kulturflatrate im Internet von jedermann öffentlich zugänglich gemacht werden? Wenn ja: Wie lässt sich das mit dem Veröffentlichungsrecht des Urhebers und dem Eigentumsschutz seiner Werke vereinbaren? Wenn nein: Wie sollen Anbieter sanktioniert werden, die ohne Genehmigung des Urhebers dessen Werke im Internet verwenden, z.B. Uploader in Tauschbörsen?

 

  • Sollen bei der Verteilung der Einnahmen nur Werke berücksichtigt werden, deren kostenfreie Nutzung im Internet von ihren Urhebern ermöglicht worden ist, oder alle Werke, die überhaupt – auch ungenehmigt bzw. illegal – online kostenlos verfügbar sind? Wenn nur vom Urheber kostenlos angebotene Werke zur Teilhabe an der Kulturflatrate berechtigen: Werden auf diese Weise die attraktivsten Inhalte tatsächlich kostenlos im Internet zugänglich und entsteht aus Sicht der Nutzer ein realer Gegenwert für die gezahlte Kulturflatrate? Wenn alle Werke berücksichtigt werden: Wie sollen Urheber Verwertungspartner finden, die online-Nutzungen ihrer Werke stimulieren?

 

  • Wer soll von den Einnahmen aus der Kulturflatrate profitieren? Nur Urheber oder auch ausübende Künstler, Leistungsschutzberechtigte und Verwerter (Verlage, Produzenten, Agenturen etc.)?

 

  • Nach welchen Kriterien soll das eingenommene Geld auf die verschiedenen Mediengenres (Text, Film, Musik, Foto, Games, Software etc.) unter Kreativen und Verwertern und innerhalb dieser unter den verschiedenen Werkberechtigten verteilt werden? Wer erarbeitet diese Kriterien? Sollen vertraglich vereinbarte Abweichungen zugelassen werden?

  • Wie soll verhindert werden, dass es zu Verteilungsungerechtigkeiten kommt, z.B. solche Urheber und Verwerter benachteiligt werden, die mit hohem Zeit- und Kostenaufwand qualitativ besonders hochwertige Werke schaffen? Sollen diese – so, wie sie in der physischen Welt einen höheren Verkaufspreis verlangen können – mehr Geld aus den Einnahmen erhalten als Urheber von Werken, die mit geringerem Aufwand / mit geringerem Anspruch erstellt werden? Wenn ja: Wer definiert, was qualitativ hochwertig und was „Mainstream“ ist? Wenn nein: Welche alternativen Anreize soll es für die Schaffung hochwertiger Werke geben und wer soll deren Finanzierung sicherstellen?

  • Sollen Korrekturen erfolgen, wenn eine Verteilung der Kulturflatrate anhand der Anzahl der Downloads dazu führen würde, dass ein Großteil der eingenommenen Gelder in gesellschaftlich weniger erwünschte Medienbereiche (z.B. Pornoprodukte) fließt? Wenn ja: Wer würde über Ob und Wie einer Umverteilung entscheiden?

  • Wie soll bei der Messung der Werknutzungen zur Schaffung einer Verteilungsgrundlage Missbrauch, z.B. durch den Einsatz von Software, die Downloads generiert, verhindert werden?

  • Wer soll für die Verteilung der Gelder zuständig sein? Soll hierfür eine neue, alle Urheber, ausübenden Künstler, Leistungsschutzberechtigte und Verwerter (u. a. Musiker, Komponisten, Interpreten, Autoren, Fotografen, Schauspieler, Produzenten, Verleger, Medienunternehmen, Designer, Journalisten, Softwareentwickler, Illustratoren, Übersetzer) unter sich vereinende Verwertungsgesellschaft geschaffen werden?


  • Wer soll bei Streit um die Verteilung der Gelder entscheiden und anhand welcher Kriterien?

  • Ist die Einführung einer Kulturflatrate mit den Vorgaben des internationalen Urheberrechts vereinbar?