Konferenz

Von Content-Mafia und Content-DJs

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
"Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit" – ob das Motto der heutigen Urheberrechtstagung in Frankfurt noch als berechtigte Forderung verstanden werden darf oder ob man es angesichts der Realität im Netz mit einem Fragezeichen versehen sollte, darüber wird im Frankfurter Literaturhaus diskutiert.

Eingeladen haben das Institut für Textkritik der Universität Heidelberg und der Verlag Vittorio Klostermann, die beide zu den Initiatoren des Heidelberger Appells gehören. Bis zu 200 Teilnehmer verfolgten die Vorträge von Roland Reuß („Autorverantwortung und Text“), dem Verleger Hans-Dieter Beck („Verlagsfunktionen und ‚open access’“), von Burkhard Hess („Das Google Booksearch Settlement in New York. Zur Gefahr einer weltweiten Amerikanisierung und Mopolisierung des Urheberrechts“) und anderer Referenten.

In seinem rhetorisch geschliffenen Eröffnungsvortrag legte Roland Reuß dar, wie die unkontrollierte und zwangsweise Digitalisierung von Büchern die Beziehung zwischen Autor und Werk zerstöre. Unter dem Druck der Digitalisierungsprojekte in den USA neigten die Wissenschaftsorganisationen in Deutschland zu einem neuen Kollektivismus, der die Rechte des Autors auf Publikationsfreiheit und Verfügungsgewalt über sein Werk missachte. Open-Access bedeute auf lange Sicht den "Tod der wissenschaftlichen Verlagsbranche". Verleger würden heute im Netz als "Content-Mafia" beschimpft, die Netzapostel selbst seien jedoch nicht mehr als "Content-DJs", die selbst gar nichts produzierten.

In der abschließenden Podiumsdiskussion am späten Nachmittag, an der unter anderen der Schriftsteller Burkhard Spinnen, der Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang und die Google-Books-Managerin Anabella Weisl teilnehmen, soll der Versuch unternommen werden, die verschiedenen Positionen zum Thema zu bewerten. Man darf auf den Ausgang gespannt sein.