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Die Meissener Zeichenschule – seit 260 Jahren

2. Oktober 2023
Redaktion Börsenblatt

Dieser einmalige Kalender zeigt mit der Auswahl der besten Arbeiten der Schülerinnen und Schüler der Zeichenschule Meissen deren beeindruckenden künstlerischen Fähigkeiten und gewährt Ihnen einen kleinen Einblick in die Welt des „Weißen Goldes“.

Die Zeichenschule Meissen ist der Start zu einer gezielten Ausbildung in der Meissener Porzellan-Manufaktur. Ihre Existenz trägt der Tatsache Rechnung, dass die Schulung des Zusammenspiels von Auge und Hand eine wichtige praktische Vorbereitung auf die kunsthandwerklichen Be-rufe ist. Talent ist zwar eine gute Voraussetzung, jedoch damit allein kommt hier keiner zum Ziel. Deshalb helfen lange im Beruf arbeitende Porzellangestalterinnen und -gestalter und Porzellanmalerinnen und -maler den Lehrlingen, wichtige Erfahrungen beim Beob­achten, Erkennen und Darstellen zu verinnerli­chen.

1720 kam der 24-jährige Johann Gregorius Höroldt aus Wien nach Meissen, um für die Porzellan-Ma­nufaktur zu arbeiten. In einer sehr kurzen Zeit fand er viele Rezepturen für Keramfarben und, was das Besondere war, er verarbeitete sie auch. Hö­roldt führte die Porzellandekoration im 18. Jahr­hundert zu einem ersten künstlerischen Höhepunkt. Mit seinem Namen verbindet die Manufak­tur heute nicht nur die Erinnerung an den schaffensreichsten Porzellanmaler des 18. Jahrhun­derts – er war Schöpfer der meisten Dekore, die zwischen 1720 und 1764 zu Porzellanen der Meissener Manufaktur entstanden –, sondern auch an den Begründer des Zeichenunterrichtes. Zwar konnte man diesen Unterricht noch nicht als systematische Ausbildung bezeichnen, jedoch war es ein erster Schritt.

Eine Verbesserung trat ein, als Johann Joachim Kaendler 1731, 25-jährig, in die Manufaktur eintrat und bald darauf, 1734, Modellmeister wurde. 1740 übernahm er die Leitung der Formgestaltung in der Manufaktur und widmete sich in diesem Zu­sammenhang der Ausbildung. Regelmäßig erteilte er Unterricht im Zeichnen und Modellieren.

1743 übernahm der Dresdener Maler und Archi­tekt Carl Heinrich Jacob Fehling die Ausbildung der „Lehr-Purschen“. Damit war er die erste Per­sönlichkeit, die in der Manufaktur ausschließlich Lehrtätigkeit ausübte. Gehilfen halfen, Nachfolger folgten – und so führte das Engagement einzelner schließlich zur Einrichtung einer Zeichenschule.

1764 wurde dann die als „Meißner Kunstschule“ be­zeichnete und der Dresdener Akademie der Künste unter­stellte Zeichenschule ins Leben gerufen. Dem Hofmaler Christian Wilhelm Ernst Dietrich wurde die Lei­tung übertragen. Bis 1770 füllte er dieses Amt aus. Danach stand die Zeichenschule wieder unter dem direkten Einfluss der Meissener Manufaktur. Der Prozess wechselnder Unterstellungsverhältnisse wieder­holte sich von 1814 bis 1836. Im Jahre 1893 wurde die Schule sogar aufgelöst und Begabte zur Dresde­ner Kunstgewerbeschule delegiert. Die Einsicht, dass die Ausbildung im eigenen Haus doch die gün­stigste und effektivste Lösung ist, führte dazu, dass die Manufaktur ab 1906 die Leitung der Zeichenschule wieder selbst übernahm. Man konzentrierte sich zuneh­mend darauf, hervorragende Künstlerinnen und Künstler aus den eige­nen Werkstätten für den Unterricht zu gewin­nen.

Dieses Prinzip bestimmt bis heute die Ausbildung. Eine Generation eröffnet der nächsten ihren Schatz. Der Schatz heißt Wissen, Können, Erfah­rung, Freude, Disziplin – alles das, was dazu gehört, eine Manufakturistin oder ein Manufakturist zu werden.

Aus Anlass des 260. Jubiläums der Gründung der Zeichenschule Meissen haben wir tief im Archiv gesucht, um einige der ältesten Zeichnungen zu finden. So stammt das Titelbild von M. Griesbach aus dem Jahr 1926, die Frühblüher im März aus 1948 und die Zeichnung im Januar aus 1950 sowie im Mai aus 1954.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Durchblättern und Staunen. Kommen Sie gut und gesund durch das neue Jahr 2024.

Herzlichst ihre
Kordula Hieronymus
Zeichenlehrerin der Zeichenschule Meissen
seit 1983

www.weltbuch.com/meissen