Umfrage zum Jahreswechsel (8): Matthias Mayer

"Auf meiner Agenda steht F#cking Überleben"

18. Dezember 2024
Sabine van Endert

Was ihm die Freude an der Arbeit verdirbt, warum er seine Lieblingslektüre erst Jahre später benennen kann und was Jack und Rose von der Titanic mit ihm zu tun haben, erklärt uns der Journalist, Satiriker und Buchhändler Matthias Mayer.

 

Matthias Mayer

Matthias Mayer

Darüber habe ich mich 2024 sehr gefreut:

Sehr gefreut hat mich die vereinfachte Gutschein-Abwicklung zum Welttag des Buches. Irgendwann zu merken, dass wir diese Art logistisches Stützrad eigentlich gar nicht brauchen, wäre dann der nächste Schritt. Lasst die Gutscheine weg; Aktion ist die gleiche plus mit noch mehr weniger Gutschein-Aufwand!

Das hat mich 2024 geärgert:

Geärgert hat mich, wie Lehrmittelfreiheitsrabatte auf dem Rücken des Handels und schrumpfende Schulbuchrabatte sich in der Mitte treffen, um mir als Händler so richtig die Freude an der Arbeit zu versauen. Das Schulbuchgeschäft ist mittlerweile wie ein Goldnugget, an dem ich mal lecken darf, solange ich für die Zinsen aufkomme.

Auf meiner "Agenda" steht F#cking Überleben, wie jedes Jahr

Matthias Mayer

Meine Lieblingslektüre 2024:

Meine Lieblingslektüre des Jahres kann ich immer erst viele Jahre später benennen. Mir wird aber langsam klar, dass ich 2013 den Distelfink von Donna Tartt am besten fand. Ansonsten steht mir meine kaufmännische Voreingenommenheit total im Weg. Ich denke dann, die Merkel sei mein Lieblingsbuch gewesen, weil ich sie partieweise verkauft habe, dabei habe ich sie gar nicht gelesen. Ich bin ja noch nicht mal fertig damit, Prinz Harrys Biographie nicht zu lesen. Wissen Sie was: Ich nominiere den Duden-Kalender der vergessenen Wortschätze. Ein Printprodukt, an dem ich jeden Tag Freude hatte, sollte es in diese Antwort schaffen.

Was auf meiner Agenda für 2025 steht:

"Agenda“? Sie fragen mich nach einer "Agenda“? Himmel Herrgott, ich bin ein inhabergeführter, mittelständischer Kleinbetrieb, auf meiner "Agenda“ steht F#cking Überleben, wie jedes Jahr. Ich stelle mir gerade vor, wie die Titanic sinkt, und Jack und Rose klammern sich an diese Tür, und dann frage ich die beiden, was denn so auf ihrer Agenda steht.

Das muss sich 2025 in der Branche ändern:

Zeitfracht soll wieder ans Telefon gehen. (Also Zeitfracht soll überhaupt eine Menge anders machen, aber ich lasse das mal so stehen, weil alle wissen, was ich meine.)

Das war mir 2024 herzlich egal:

 Ob das Schraubdeckelchen am Getränk dranbleibt oder nicht.

Zur Person

Matthias Mayer ist Journalist und Buchhändler in Langenselbold, außerdem ist "Herr Mayer" als Satiriker unterwegs.