Aus dem BBL-Print Heft 52/53

Zwischenbuchhändler LKG kann trotz Corona optimistisch sein

29. Dezember 2020
Nils Kahlefendt

Der Zwischenbuchhändler LKG blickt auf den umsatzstärksten Monat seit 1990 zurück – obwohl neben Corona auch ein neues
IT-System für Probleme sorgte. Außerdem haben die Leipziger das Endkundengeschäft für sich entdeckt.

Als der Logistikdienstleister Zeitfracht im August 2019 die insolvente KNV-Gruppe übernommen hatte – und damit den vielleicht größten Branchen-GAU der jüngeren Geschichte abwendete –, sprach der damalige Zeitfracht-CFO und frischgebackene KNV-Geschäftsführer Frank Schulze vor 700 Beschäftigten in Erfurt-Mittelhausen.

Nach der Ruck-Rede, für die wegen zahlreicher Saisonkräfte extra eine polnische Simultandolmetscherin engagiert wurde, düste Schulze ins rund 140 Kilometer entfernte Rötha, eine Kleinstadt vor den Toren Leipzigs. Er hielt seine Rede noch einmal, diesmal vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der seit 1995 hier ansässigen Leipziger Kommissions- und Großbuchhandelsgesellschaft, kurz: LKG. Nun brauchte er keine Übersetzung, bei der Belegschaft stieß er sogar auf Sympathie. »Gut möglich, dass das an meinem Outing als Leipziger lag«, erinnert sich Schulze. »Außerdem habe ich, anders als die Stuttgarter, von der LKG gesprochen. Auf solche Nuancen achten die Leute.«

Schulze, in Freyburg an der Unstrut aufgewachsen, hat ab 1990 im unterfränkischen Kitzingen Bankkaufmann gelernt und betreute anschließend für die Commerzbank, später die LBBW, Firmenkunden in den neuen Bundesländern. Im Juli 2017 wechselte er als Leiter der Finanzabteilung zu Zeitfracht. »Nach 25 Jahren war es für mich Zeit, die andere Seite des Schreibtischs kennenzulernen.« Dass der durch das KNV-Engagement von Zeitfracht zum Buchbranchen-Quereinsteiger gewordene Schulze im Dezember 2019 recht geräuschlos die LKG übernahm, hat auch einen sentimentalen Unterbau: Von seiner Wohnung im Leipziger Grafischen Viertel aus kann er die inzwischen restaurierte 70er-Jahre-Leuchtreklame am einstigen LKG-Stammsitz in der Prager Straße sehen (»Mehr lesen, wissen, können«).

Als rational handelnder Kaufmann weiß Schulze es zu schätzen, dass die LKG – als einziger Standort im KNV-Verbund – nicht Teil der Insolvenz war. Viele Kunden hatten die Firma in der Krisenzeit etwa mit längeren Zahlungszielen unterstützt. Nicht ganz uneigennützig, ist man doch, weit über die Lagerung von Buchbeständen, stets eng mit »seiner« Auslieferung verbandelt – das reicht von der Debitorenbuchhaltung bis zu Retouren-Management und Mahnwesen. Kracht es hier, bleibt das auch für die Verlage nicht folgenlos.

 

Umsatzkurve in V-Form 

Nach zwei reibungslos verlaufenden Monaten bescherte Corona dem neuen LKG-Eigner eine Vollbremsung mit quietschenden Reifen: »Wir haben über zwei, drei Wochen in den Abgrund geschaut. Innerhalb kürzester Zeit waren wir bei Tagesumsätzen von 30 000 Euro angekommen«, sagt Schulze. »Das war ein Einbruch auf ein Fünftel des Üblichen.« Als Banker, der die Finanzkrise 2008 miterlebt hat, weiß Schulze, wie sich das anfühlt. Krisenroutine. Glücklicherweise hat sich das Buch innerhalb kurzer Zeit neue Wege zum Kunden gesucht, für die LKG ging es relativ zügig wieder bergauf. »Die Kurve beschrieb ein V anstatt eines U, das von manchen befürchtet worden war.« Dass man mit Ravensburger einen potenten Kinderbuchverlag und Spiele-Anbieter im Kundenportfolio hat, einen also, der in der Pandemie enorm zulegte, war hilfreich. Nach teilweiser Kurzarbeit im April und Mai lief es im Sommer bereits besser als 2019; der Oktober wurde dann zum umsatzstärksten Monat seit 1990. 

 

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