Widersteht dem Druck!
Bereits die Angst vor einem Shitstorm reicht offenbar aus, damit Verlage nervös werden und Überzeugungen preisgeben. Das führt in eine gefährliche Spirale – meint Literaturagent Ulrich Störiko-Blume.
Bereits die Angst vor einem Shitstorm reicht offenbar aus, damit Verlage nervös werden und Überzeugungen preisgeben. Das führt in eine gefährliche Spirale – meint Literaturagent Ulrich Störiko-Blume.
Ein Gespenst geht um in unseren Verlagen – das Einlenken und Anpassen aus Angst vor Shitstorms. Es kann sehr unterschiedliche Ursachen haben, auch wenn die Wirkung die gleiche ist: Ein Verlag lässt sich von außen diktieren, was er bei bestimmten Büchern zu tun und zu lassen hat. Verständlich ist, dass niemand einen Shitstorm abbekommen möchte. Gefährlich für die praktizierte Meinungsfreiheit ist, wenn man solchem Druck nachgibt.
Meinungsfreiheit gilt für Autoren und Verlage ebenso wie für ihre Kritiker. Sie beinhaltet auch, sich bestimmten Meinungen nicht anschließen zu müssen. Und niemand hat das Recht, einen Verlag aufzufordern, bestimmte Haltungen zu verbreiten oder nicht zu verbreiten. Nicht jede Meinung, wegen der sich irgendjemand beleidigt fühlt, sollte reflexartig zu einer Verlagsreaktion führen. Und eine Meinung wird nicht überzeugender, nur weil sie sich durch Social Media rasant verbreitet. Die Qualifikation von Übersetzern speist sich nicht vorrangig aus ihrer Herkunft; viele selbst ernannte »Querdenker« denken auf verquere Art, dass sie denken; und beleidigte Nationalvertreter übersehen gern, dass sie den Verstand beleidigen, wenn sie das Aussprechen von Tatsachen nicht ertragen.
Mit Kritikern, die ernsthafte Argumente vorbringen, ist Diskutieren sinnvoll. Und bevor ein Buch erscheint, wurde bereits in Verlagen intensiv diskutiert, haben sich Lektorate, Gutachter, Vertriebsfachleute, Marketingexperten, Gestalter etc. mit den Stoffen auseinandergesetzt, die Autoren ihnen anvertrauen.
Angriffe sollten öffentlich gemacht werden – nachgeben sollte man ihnen nicht.
Ulrich Störiko-Blume
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