Religion

Unauffällig erbaulich

6. November 2020
von Stefan Hauck

Die auf realer Begegnung basierenden Praxishilfen sind im Moment nicht anwendbar. Dafür steigt die Nachfrage nach Trostliteratur. Wie reagieren religiöse Verlage auf die derzeitige Lage?

»Die Menschen leiden unter der Isolation, sie spüren eine Einsamkeit, die wir vorher so nicht erlebt hatten«, beschrieb Margot Käßmann vergangene Woche bei einem Onlinetreffen des Landesverbands Hessen, Rheinland-Pfalz, Saaarland des Börsenvereins mit Buchhändler*innen eine entscheidende Auswirkung der Pandemie-Beschränkungen. Die Ex-Bischöfin dankte den Sortimenter*innen für ihr Durchhalten in schwierigen Zeiten, »denn Bücher vermitteln Trost und Zuversicht – und genau das brauchen wir jetzt«.

Das Katholische Bibelwerk spürt aktuell die Nachfrage nach Hoffnungs­titeln. »Es gibt in der Bibel Trostzusagen«, sagt Verlegerin Daniela-Maria Schilling, die in Büchern wie »Fürchte dich nicht. Bibelverse für schwierige Zeiten« gesammelt sind. In den »Gebeten gegen die Angst« werde »auf die 
spirituell-mentale Herausforderung eingegangen, vor der wir in Krisenzeiten stehen«; in dem Sammelband »Dein Herz lebe auf!« erschließen 23 Bischöfe Bibeltexte »für schwere Zeiten«. »Diesem Bedarf wollen wir weiter Rechnung tragen und ihn in Richtung ›mentale Gesundheit‹ aus­bauen«, so Schilling.

Längere Reaktionszeit

Sprechen die Trost- und Hoffnungsbücher vorrangig den Leser als Individuum an, so sind die Praxisbücher für die Gemeindearbeit in Gruppen konzipiert. Ob für Kinder, Senioren, Väter oder Burn-out-Gefährdete: Die Titel zielen meist auf die Arbeit mit einer Gruppe ab, die sich real trifft. Dass durch Corona diese Begegnungen kaum noch stattfinden können, bringt die Gemeinden in Nöte – und Verlage auch, weil die alten Praxishilfen nicht mehr anwendbar sind. Welche neuen Hilfestellungen sind möglich?

»Auf die aktuellen Veränderungen in der Gemeindearbeit einzugehen ist bei den Periodika leichter möglich – bei der zweimonatlich erscheinenden ›Ideenwerkstatt Gottesdienste‹ zum Beispiel sind die fehlenden Livebegegnungen Thema, da gibt es Materialien, Anregungen und Gestaltungselemente«, sagt Herder-Pressereferentin Beatrix Dombrowski. Die Praxishilfe-Bücher hingegen hätten meist einen langen Vorlauf, da gebe es noch keinen entsprechenden Titel. Bei den Sach­büchern wiederum schon: Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer und Herder-Geschäftsleiter Simon Biallo­wons haben im und nach dem Lockdown über essenzielle Fragen im Leben wie »Was bringt’s mir? Was habe ich davon für mein Leben?« nachgedacht; Das Mitte August erschienene Buch »Trägt. Die Kunst, Hoffnung und Liebe zu glauben« ist in den Bestsellerlisten vertreten und befindet sich inzwischen in der dritten Auflage.

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