Unabhängig und unersetzlich
Die Independents sind viel mehr als das Salz in der Suppe – ohne sie wäre der Buchmarkt um so vieles ärmer. Aus der Fülle der vielen bemerkenswerten Indies lenken wir diesmal den Fokus auf diese sechs Verlage.
Die Independents sind viel mehr als das Salz in der Suppe – ohne sie wäre der Buchmarkt um so vieles ärmer. Aus der Fülle der vielen bemerkenswerten Indies lenken wir diesmal den Fokus auf diese sechs Verlage.
Als Arno Kleibel den Verlag, den sein Großvater Otto Müller 1937 in Salzburg gründete, im Oktober 1986 übernahm, war er 25 Jahre jung und, trotz Buchhandelslehre, blutiger Anfänger in der Branche. Am ersten Arbeitstag ein Grundkurs Pressearbeit, das erste Interview auf der Frankfurter Buchmesse. Zurück in Salzburg der erste Autorenanruf, am Apparat: H. C. Artmann. Der Autor, dessen 100. Geburtstag bei unseren Nachbarn heuer groß gefeiert wird, hatte das Buch, mit dem er berühmt wurde, 1958 bei Otto Müller verlegt: »Med ana schwoazzn Dintn«, Startauflage 4 000 Exemplare, innerhalb von sechs Monaten wurde dreimal nachgedruckt. Heute ist, neben zeitgenössischer Belletristik und Lyrik, die 1966 gegründete Zeitschrift »Literatur und Kritik« ein Schwergewicht bei Otto Müller – eben hat Karl-Markus Gauß den Staffelstab an die junge Ana Marwan übergeben, Bachmannpreis-Gewinnerin 2022. Das ist ein toller Move, oder: leiwand, wie sie in Salzburg eher sagen würden.
Messestand: Halle 3.1, F 61
Wer den kleinen, aber einigermaßen berühmten Merve Verlag sucht, der über 45 Jahre in einer für Besucher offenen Schöneberger Wohnküche residierte, findet ihn seit 2017 im Leipziger Kolonnadenviertel – in einem Hinterzimmer der Theorie-Buchhandlung Rotorbooks. Aktuell freut sich Verleger Tom Lamberty über das Gedeihen der neuen, auf 35 Bände angelegten Friedrich-Kittler-Werkausgabe. Seit den 80er Jahren gehörten Merve-Bände zur obligatorischen Ausstattung eines intellektuell ambitionierten Zeitgenossen: Erkennungszeichen ist bis heute die von Jochen Stankowski entwickelte Merve-Raute auf dem Cover. In der Signatur seiner E-Mails streicht Lamberty das Wort »Verlag« konsequent durch – ein richtiger Verlag, sagt er, war Merve nie. Ein Großteil seiner Arbeit bestehe für ihn darin, Übersetzer, Herausgeber, Autorinnen und Autoren zwischen Paris, London und Leipzig miteinander zu vernetzen. Geregelte Bürostunden? Fehlanzeige »Die Öffnungszeit heißt bei mir: ›Ping mich an!‹«
Messestand: Halle 3.1, B 131
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