Interview mit Ricarda Essrich

"Übersetzungstools bringen keine Zeitersparnis"

6. November 2023
Marcus Schuster

Digitale Übersetzungstools wie DeepL werden immer besser, bereiten jedoch einige Schwierigkeiten. Ricarda Essrich, Referentin für Literarisches Übersetzen im Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer, gibt Einblicke in die Arbeit digitalen Tools. 

Ricarda Essrich, Referentin für Literarisches Übersetzen im Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ)

Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Job im  Einsatz mit künstlicher Intelligenz / maschinellen Übersetzungssystemen gemacht? 

Ich setze maschinelle Übersetzung sporadisch bei meinen Buchübersetzungen ein. Dabei kommt DeepL eher bei Kochbüchern zum Einsatz als bei Krimis. Bei fiktionalen Texten nutze ich es allenfalls, um einen komplizierten Satz zu entschlüsseln oder Anregungen zu einzelnen Textstellen zu bekommen. Die Ergebnisse für meine Arbeitssprachen Schwedisch, Norwegisch und Dänisch sind in der Regel als Grundlage brauchbar, müssen aber immer sorgfältig geprüft werden. Denn immer wieder schleichen sich Fehler ein, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, weil der Satz 
zunächst »richtig« aussieht. 

Welche sind neben DeepL derzeit die gängigsten Programme? 

Das hängt von der eigenen Arbeitsweise und persönlichen Präferenzen ab. Der Einsatz von CAT-Tools (Computer-Aided Translation) mit Translation Memorys dürfte mittlerweile auch bei Literaturübersetzungen vor allem bei Sachbüchern verbreitet sein. Maschinelle Übersetzungssysteme wie DeepL können über Schnittstellen eingebunden werden. Dem Vernehmen nach werden jedoch eher einzelne, von diesen Systemen generierte Ausdrücke als Inspirationsquelle gesehen und nicht unverändert übernommen. Einige Übersetzer experimentieren mit dem Einsatz von ChatGPT mit gemischten Ergebnissen. Zwar lässt sich KI dafür nutzen, Anregungen zum Beispiel für Metaphern zu erhalten. Doch am Ende muss ein geschultes Auge entscheiden, welche Lösung am besten passt. Außerdem ist es gar nicht so einfach, Prompts zu entwickeln, mit denen man brauchbare Ergebnisse – etwa für ein Wortspiel oder einen Witz – erzielt.
 

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