Herstellung

Papierbeschaffung: „Die Märkte haben sich gedreht“

17. Mai 2023
Nils Kahlefendt

Problem Papier: 2023 entspannt sich die Lage, sagt Wolfgang Lübbert, Geschäftsführer der Arctic Paper Deutschland. Bis 2030 werden allerdings neue Parameter den Markt für Papier beeinflussen. 

Papierherstellumg bei Arctic Paper im Werk Munkedal 

In diesem Jahr sollten Verlage ihre Produktion problemlos planen können. Mittelfristig glaube ich allerdings, dass sie sehr gut beraten sind, genau hinzuschauen: Welche Papierindustrie investiert in Nachhaltigkeit, kümmert sich um die Energieversorgung? Das sind die beiden großen Voraussetzungen, um das Jahr 2030 zu überleben. Mittelfristig wird sich das Angebot an Grafischen Papieren weiter reduzieren. Schwierig ist nur, genau vorherzusagen, wann das passieren wird.

Wolfgang Lübbert

Wie blicken Herstellungsleiter:innen auf das Thema Papierbeschaffung – gerade mit Blick aufs kommende Weihnachtsgeschäft?
Wolfgang Lübbert: Ich glaube, dieses Jahr läuft ganz anders als das letzte. Beschaffungsthematiken sollten in 2023 keine großen Fragen mehr aufwerfen. Allerdings gibt es das hübsche VUCA-Modell - das Akronym steht für volatility (Volatilität), uncertainty (Ungewissheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Ambiguität). Das heißt: Es war noch nie so schwer, Vorhersagen zu treffen.

Dennoch sind Sie eher optimistisch?
Seit letztem Herbst haben sich die Märkte gedreht – mit Auswirkungen auf die großen Themen der Papierindustrie: Energie, Lieferketten, Faserstoff und Wasser. Letzteres wird auf lange Sicht noch viel kritischer werden. Das sehen wir teilweise schon in Ländern wie Portugal, Spanien oder Italien. Der Wasserverbrauch in der Papierindustrie wird zweifellos ein Thema, das uns beschäftigen wird.

Lassen Sie uns vom lieben Geld reden: Nachrichten aus der Branche weisen auf verstärkte Investitionen im Bereich Verpackung – so schwenkt etwa Stora Enso am Standort Oulu von gestrichenen grafischen Papieren auf Kartonagen um...
Es gibt weltweit ein Wachstum im Verpackungsbereich. Ebenso sehen wir jedes Jahr vier, fünf Prozent Reduzierung im grafischen Bereich. Schaut man sich diese Zahlen als Aktien-Analyst an – dann ist natürlich klar, dass man sein Geld lieber in wachsende als in schrumpfende Märkte investiert. Deswegen ist es für die Papierindustrie extrem schwierig, Investitionsgelder zu bekommen, die in die klassische Grafische Industrie gehen. 

Was bedeutet das für Verlage?
Für die Verlage bedeutet es zweierlei: Mittelfristig wird sich das Angebot an Grafischen Papieren weiter reduzieren. Schwierig ist nur, genau vorherzusagen, wann das passieren wird. Wenn eine neue Fabrik gebaut wird, lässt sich das Zeitfenster ziemlich klar bestimmen, so ein Prozess dauert ungefähr drei Jahre. Wird aber geschlossen oder umgebaut, haben die Prozesse maximal ein bis zwei Jahre Vorlauf. In diesem Jahr sollten Verlage ihre Produktion problemlos planen können. Mittelfristig glaube ich allerdings, dass sie sehr gut beraten sind, genau hinzuschauen: Welche Papierindustrie investiert in Nachhaltigkeit, kümmert sich um die Energieversorgung? Das sind die beiden großen Voraussetzungen, um das Jahr 2030 zu überleben.  

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