Kein Spielraum mehr
Indie-Verlage arbeiten hart am Limit, für viele werden die derzeitigen Herausforderungen in der Summe existenzbedrohend. Fünf Beispiele.
Indie-Verlage arbeiten hart am Limit, für viele werden die derzeitigen Herausforderungen in der Summe existenzbedrohend. Fünf Beispiele.
Bei Klett Kinderbuch kam der Energiekosten-Schock ausgerechnet im Hitzemonat August. Kurz zuvor war Monika Osberghaus mit ihrem größer gewordenen Team aus dem halben Erdgeschoss in den gesamten
ersten Stock der charmanten gelben Gründerzeitvilla in der Leipziger Südvorstadt gezogen. Alle freuten sich über mehr Platz und die neu angemieteten, liebevoll renovierten Räume – bis der Gas-Kostenvoranschlag der Stadtwerke Pirna für die Wintermonate kam. Bislang waren monatlich 900 Euro fällig – nun sollten es 5 000 sein! Der Grund: Die Gasheizung in dem pittoresken
Altbau ist in die Jahre gekommen, selbst bei gedrosselten Ventilen sorgen freiliegende, sich durchs Haus windende Rohre für kuschlige Atmosphäre.
Nach einer Krisensitzung mit der Belegschaft und komplizierten Sparfuchs-Rechnungen kündigte der Verlag den Gas-Vertrag – und wird nun mit Elektroradiatoren heizen. Die Verlagsfrauen ziehen solidarisch mit; sollte
der Winter hart werden, will man in einem Gemeinschaftsbüro zusammenrücken.
»Noch haben wir nicht den neuen Stromabschlag«, sagt Osberghaus. »Ich hoffe, wir verfallen dann nicht in den nächsten Schock.« Eigentlich steht der Verlag gut da; 2021 war das beste Jahr in der noch jungen Geschichte von Klett Kinderbuch. Auch aktuell sind die Umsätze zufriedenstellend. »Aufgrund der rasant steigenden Produktionskosten wissen wir aber nicht genau, was davon hängen bleibt.«
Inzwischen wird bei Novitäten und Nachauflagen nicht mehr überlegt, ob man den Ladenpreis erhöht – sondern in welchen Schritten. Die gefühlte Schmerzgrenze, die vor noch nicht allzu langer Zeit bei 15 Euro lag, sei »längst gerissen«, so die Verlegerin. Über 20 Euro zu gehen, traut man sich momentan noch nicht. »Komischerweise erwartet man immer noch, dass Kinderbücher günstiger sind«, wundert sich Osberghaus. »Dabei sind sie in der Produktion teurer.«
Auch auf dem Feld der Kritik wünscht sich Monika Osberghaus einen Bewusstseinswandel. »Ich hätte gern eine viel aufregendere, ernsthafte Kinderbuch-Diskussion, nicht einfach weitere nette Empfehlungslisten.« Trotz der allenthalben zu bohrenden dicken Bretter ist die Verlegerin alles andere als verzagt: »Wir fahren auf Sicht. Auch unsere Zielgruppe muss sich einschränken. Aber selbst wenn die Weihnachtsgeschenke dieses Jahr kleiner ausfallen – gute Kinderbücher werden dabei sein!«
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