Die Zeit nach Merkel
Angela Merkels Abschied von der Macht und die Zeit danach beschäftigen Biograf*innen und politische Gegner*innen. Eine Auswahl neuer Titel zum Wahljahr.
Angela Merkels Abschied von der Macht und die Zeit danach beschäftigen Biograf*innen und politische Gegner*innen. Eine Auswahl neuer Titel zum Wahljahr.
2021 ist ein besonderes Wahljahr: weil es nach dem 26. September einen Bundestag mit einer bisher unbekannten Machtkonstellation geben könnte, und weil mit Angela Merkels Ausscheiden aus dem Kanzleramt eine Ära zu Ende geht.
Als Verfallsgeschichte interpretiert der »Welt«-Journalist Robin Alexander die 16 Jahre im Kanzleramt, vor allem die letzte Etappe, die von der Corona-Krise überschattet wird (»Machtverfall. Merkels Ende und das Drama der deutschen Politik«, Siedler, 384 S., 22 Euro). Einerseits billigt er der Kanzlerin, ganz im Sinne Carl Schmitts, die Souveränität zu, den Ausnahmezustand zu verhängen. Andererseits, so Alexander, habe Merkel gerade während der Corona-Krise – wie schon während der Flüchtlingskrise 2015 / 16 – an Autorität eingebüßt und sei an die Grenzen ihrer Macht gestoßen. Ihr sei klar geworden, wie viel in ihrer Amtszeit versäumt worden sei. Deshalb habe sie zuletzt nur noch mit Appellen und Verboten regiert. Wie schon in »Die Getriebenen. Merkel und die Flüchtlingspolitik« legt Alexander einen Insider-Report vor, der Übertreibungen nicht scheut.
Publizist Ralph Bollmann nähert sich Angela Merkel biografisch (»Angela Merkel. Die Kanzlerin und ihre Zeit«, C. H. Beck, Juli, ca. 848 S., 29,95 Euro). Seine groß angelegte Lebensgeschichte der ersten deutschen Kanzlerin widmet sich allen Lebensabschnitten der Pfarrerstochter, zeitweiligen Hausbesetzerin, Wende-Aktivistin, Umweltministerin, Generalsekretärin und Regierungschefin. Sein facettenreiches Porträt schildert auch die Dämmerung ihrer Kanzlerschaft, die mit Donald Trumps Wahlsieg im November 2016 begann.
Wie schreibt eine Frau über die erste Frau an der Macht? Die Wirtschaftsjournalistin Ursula Weidenfeld legt in ihrer Biografie den Akzent auf das Epochenporträt (»Die Kanzlerin. Porträt einer Epoche«, Rowohlt Berlin, August, 320 S., 22 Euro). Fazit: Angela Merkel habe mit ihrem pragmatischen Stil die deutsche Gesellschaft tiefgreifend verändert und Weichen für die Zukunft gestellt. Trotz Fehlern und Versäumnissen bleibe als ihr Vermächtnis die Fähigkeit zum Ausgleich, zum Moderieren internationaler Konflikte.
Politische Denkanstöße in Buchform kommen in diesem Jahr häufig aus dem linken Spektrum. Dirk Neubauer, ehemaliges Mitglied der SPD und Bürgermeister der sächsischen Stadt Augustusburg, plädiert in seiner Streitschrift »Rettet die Demokratie!« (Rowohlt, 191 S., 10 Euro) für einen kompletten Umbau des politischen Systems. Mehr Entscheidungskompetenz für die Kommunen, mehr Bürgerbeteiligung, mehr neue Köpfe – das sind seine Forderungen.
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