23 Jahre lang haben Sie als Cheflektor das Programm von C. H. Beck geprägt. Kann man heute – in Analogie zur "Suhrkamp-Kultur" – von einer "Beck-Kultur" sprechen?
Schon die Frage ist ein Kompliment. Der Begriff "Suhrkamp-Kultur", den George Steiner 1973 geprägt hat, entstand in einer historischen Situation, die stark von einem generationellen Aufbruch getragen war. Dass Theorie die Welt retten könne – dass die richtige Theorie die richtige Wirklichkeit herstellen kann, dieser Glaube hat damals eine ganze Generation beflügelt. Suhrkamp hat diese Haltung mit Texten versorgt und von Adorno bis Foucault alles verlegt, was Rang und Namen hatte. Kein anderer Verlag kann da mithalten. Das kann man nicht nachahmen, und wir leben heute auch in keiner vergleichbaren Situation. Die Ansprüche an das, was Theorie leisten kann, sind bescheidener geworden. Aber ich kann schon selbstbewusst sagen, dass wir viele Bücher in unserem Programm haben, die diskursrelevant sind. Während bei Suhrkamp bis heute die Theorie im Mittelpunkt steht, sind es bei C. H. Beck stärker die Geschichte und die Kulturwissenschaften. Navid Kermani, Timothy Snyder, Aleida und Jan Assmann, Amartya Sen, Jill Lepore, Joseph Vogl und viele andere tragen zum "großen Gespräch" bei. Wir haben uns über die Jahre als Verlag in eine Kategorie vorgearbeitet, in der unsere Bücher auch öffentlich wirken.