Debattenfreudig
Nicht nur gelegentlich, sondern systematisch: Der Hirzel Verlag hat sich beim Sachbuch neu aufgestellt. Programmleiter Rüdiger Müller über die Themenfelder und das erste Buchhandelsecho.
Nicht nur gelegentlich, sondern systematisch: Der Hirzel Verlag hat sich beim Sachbuch neu aufgestellt. Programmleiter Rüdiger Müller über die Themenfelder und das erste Buchhandelsecho.
Seit Corona hat das Sachbuch Konjunktur. Können Sie davon profitieren?
Wenn man sich allein die Flut an Büchern zur US-Wahl oder über China anschaut, dann sicher. Sehr gefragt sind im Augenblick auch Bücher, die sich mit den Grundlagen der Demokratie befassen – und wegen Covid-19 auch Bücher zu naturwissenschaftlichen Themen, für die Hirzel immer schon steht.
Wann fiel die Entscheidung für ein dezidiertes Sachbuchprogramm?
Als meine Vorgängerin in den Ruhestand ging, stand der Verlag vor der Frage, ob er wie bisher gelegentlich ein Sachbuch herausbringt oder sich stärker strategisch ausrichtet – und wenn, auf welche Themenfelder, mit welchen Autoren und in welchem Umfang. Die Verlagsspitze entschied dann, das Sachbuchprogramm neu aufzusetzen.
Wo sehen Sie thematisch Potenzial für das Sachbuchprogramm?
Zu den Kernkompetenzen von Hirzel gehören Naturwissenschaften und Gesundheit, aber auch Philosophie – vertreten etwa durch Titel von Carl Friedrich von Weizsäcker und Gerhard Vollmer. Künftig wollen wir aber auch mit klassischen Debattenbüchern Themen aufgreifen, die die Gesellschaft berühren. Ein aktuelles Beispiel ist »Stoppt den Judenhass!«, Sigmund Gottliebs Streitschrift gegen den Antisemitismus. In die Debatte um Klimawandel und Ernährung schaltet sich Malte Rubachs Buch »Die Ökobilanz auf dem Teller« ein.
Die neuen Titel haben auch eine andere Anmutung …
Ja, sie haben ein neues Gesicht und eine moderne Grafik, wie zum Beispiel »Lecker-Land ist abgebrannt« von Manfred Kriener, das bereits im Frühjahr erschienen ist und sich mit dem Wandel der Esskultur befasst – ein Thema, das auch intensiv diskutiert wird.
Spitzentitel in diesem Herbst ist Adam Kucharskis Buch »Das Gesetz der Ansteckung. Was Pandemien, Börsencrashs und Fake News gemeinsam haben«. Worum geht es darin?
Auf den ersten Blick scheinen die drei Phänomene nichts miteinander zu tun zu haben. Dem Autor geht es aber um die Ausbreitungsmechanismen, die erstaunliche Parallelen aufweisen. Das Buch macht mathematische Prinzipien anschaulich und verständlich und hilft den Lesern auf diesem Weg, unsere komplexe Welt besser zu verstehen.
Wie ist die Resonanz des neuen Programms im Buchhandel?
Natürlich haben die Vertreter, die seit Juni unterwegs waren, noch einige Gespräche führen müssen, denn viele Buchhändler*innen kannten den Verlag bisher nicht. Das hängt auch damit zusammen, dass unsere Mediengruppe bislang stärker im Direktvertrieb oder im Barsortimentsgeschäft aktiv ist. Aber ich habe den Eindruck, dass unser neues Programm wohlwollend aufgenommen wurde. Gelobt wurden nicht nur die interessanten Inhalte, sondern auch das moderne Layout. Wir schauen jetzt, wie die Endkunden das neue Programm annehmen.
Können Sie schon einen Ausblick auf das Frühjahrsprogramm geben?
Für das Frühjahrsprogramm wollen wir in einigen Themenbereichen die Debatte mitgestalten. Es erscheint ein Buch von einer jungen Autorin und Krankenschwester, Maximiliane Schaffrath, die in »Systemrelevant« die unhaltbaren Zustände in der Pflege anprangert. Aber auch die gesellschaftspolitisch hochemotionale Debatte über den Umgang mit Demenz spielt in unserem Frühjahrsprogramm eine wichtige Rolle – mit dem Buch »Recht auf Demenz von Thomas Klie.
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