Spezial Krimi & Thriller

Auf dem Spannungsradar

3. Juli 2023
Christina Busse

Vom Anruf eines Fans bis zum Fundstück in den Tiefen des Netzes: Die Suche nach neuen, ungewöhnlichen oder gar "schrägen" Krimis zieht nicht selten überraschende Kreise. Verlage über Entdeckungen und Trendscouting.

Mit einem Gespür für Abseitiges, Ausdauer und dem Gefühl für den passenden Zeitpunkt landet Frank Nowatzki zielsicher seine Treffer. Anfang des Jahres hat er Meghan Abbotts Roman »Aus der Balance« herausgebracht, der sich umgehend auf Platz 1 der Krimibestenliste von Deutschlandfunk Kultur katapultierte. »Ich hatte schon vor Jahren Interesse signalisiert. Damals hat es nicht geklappt, jetzt war die Zeit reif. Der Deutsche Verlagspreis 2022 hat uns dabei finanziell geholfen«, meint Nowatzki, der seinen Krimiverlag Pulp Master 1988 gegründet hat, um »obskure Sachen« zu veröffentlichen, die bis dahin auf dem deutschen Markt nicht zu finden waren. 

Das Programm der Anfangsjahre »war alles so Zufall«, berlinert er. Seither hat sich der Verlag ein solides Fundament gebaut und sich in der Szene etabliert. »Die Agenturen finden uns interessant und sprechen uns an. Auch unter den Autoren hat es sich herumgesprochen, dass wir keine Eintagsfliege sind und eine Plattform für Abgründiges bieten. Mundpropaganda ist wichtig, die Autoren sind untereinander vernetzt«, so Nowatzkis Erfahrung. Gleichzeitig zahle sich seine Beharrlichkeit aus, wenn es darum geht, erfolgversprechende Autor:innen an Land zu ziehen. So kann er auch davon profitieren, wenn große Verlage ihre Krimiprogramme ausdünnen und sich von Autor:innen trennen. Durch genaue Marktbeobachtung ist ihm auf diesem Weg zum Beispiel schon Tom Franklin ins Netz gegangen, der es ebenfalls an die Spitze der Krimibestenliste schaffte.

Veränderter Krimimarkt

Katrin Fieber, Seniorlektorin bei Ullstein, kann bestätigen, dass sich der Spannungsmarkt in Deutschland verändert hat – und damit auch der Blick auf die Stoffe. »Krimi ist weiterhin wahnsinnig wichtig, doch längst kein Selbstläufer mehr.« 

Die Leser:innen seien anspruchsvoller geworden, meint Fieber: »Unsere Aufgabe ist es, die besonderen Texte zu finden, die sie genau dort abholen. Originalität und schriftstellerisches Können sind als Kriterien wieder deutlicher in den Mittelpunkt unserer Suche gerückt. Wiedererkennbare, glaubhafte Figuren, auch bigger than life, gute komplexe Geschichten, eigene Ideen, kluge und zugleich unterhaltende Texte sind gefragt.« Nach dem großen Erfolg der »Knives out«-Filme im Kino und auf Netflix nehmen Kriminalromane beispielsweise zunehmend das Muster dieser Mystery-Reihe auf, wie Fieber konstatiert: »Wir achten mehr darauf, ob ein Text diese neuen Anforderungen erfüllt.« 

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