Als ich Johan Harstad am Tag nach seinem Auftritt beim LitFest Bergen im handtuchgroßen Büro der Festivalleiterin treffe, zieht er lachend eine Kopie der Anzeige aus der Tasche, mit der Claassen, sein deutscher Verlag, fürs jüngste Buch wirbt: "1152 Seiten. Aber für mehr ist keine Zeit.“ Vor sechs Jahren war er schon einmal mit einem Tausendseiter aufgefallen. "Max, Mischa und die Tet-Offensive“ war für die einen die "Great American Novel“ schlechthin, geschrieben von einem Norweger – andere fanden den Roman zu langwierig, zu selbstgefällig und zu sentimental. Für sein ebenso dickes neues Buch, dessen Titel "Unter dem Pflaster liegt der Strand“ einen Slogan aus dem Pariser Mai 1968 aufnimmt, brauchte Johann Harstad mehr als sechs Jahre. Anfang März wurde der Roman für den Literaturpreis des Nordischen Rats nominiert – und zur Leipziger Buchmesse ist sein Autor, als Mitglied der Gastland-Delegation Norwegens, live zu erleben.
Selbstvermarktung, ohne die es im Betrieb nicht geht, fällt Johan Harstad mit zunehmendem Alter schwerer – erst recht, wenn es um so ein komplexes Werk wie sein neues Buch geht. Eigentlich wollte er einen schmalen Roman über ein hoch betagtes Paar schreiben, zwei Menschen in ihren späten Achtzigern, deren größte Sorge es ist, der andere könnte zuerst sterben und man würde einsam zurückbleiben. Als er mit seinem "geriatrischen Roman“ nicht weiterkam, fing er alternativ an, über Leute nachzudenken, die am Anfang ihres Lebens stehen – und landete bei Teenagern in Forus, jener Vorstadt von Stavanger, in der er selbst aufgewachsen ist, und die ihn bereits in "Max, Mischa und die Tet-Offensive“ beschäftigt hatten. Johan Harstad blickte also noch einmal zurück auf die Stadt, die er vor 30 Jahren verlassen hat – und die doch so etwas wie "Heimat“ für ihn war.