Als vor fast neun Jahren, am 15. Januar 2015, die Fusion von Springer Science+Business Media und großen Teilen von Macmillan Science and Education bekannt wurde, ging ein Beben durch die Verlagswelt. Es war ein "Merger" in einer für (deutsche) Wissenschaftsverlage bisher unbekannten Dimension, auch im globalen Maßstab. Wenn sich jetzt zwei große Traditionshäuser wie der 1683 im niederländischen Leiden gegründete Brill Verlag und der seit 1749 in Berlin residierende Verlag De Gruyter zusammenschließen, dann dürfte das in der akademischen Welt der Geistes- und Sozialwissenschaften ähnlich einschlagen wie die Megafusion 2015 in den Naturwissenschaften.
Natürlich vollzieht sich der Zukauf von Brill und die Umwandlung beider Verlage in De Gruyter Brill in einer anderen Größenordnung. Während 2015 mit Springer Nature ein Verlagskonzern mit einem Umsatz von rund 1,5 Milliarden Euro entstand, ist im aktuellen Fall von 134 Millionen Euro Gesamtumsatz die Rede. Zwischen beiden Zusammenschlüssen gibt es aber strukturelle Parallelen, und auch die Argumente, die von den beteiligten Verlagen vorgebracht werden, ähneln sich.
Ein Punkt, über den damals wie heute gesprochen wird, ist die Größe. Auch Brill und De Gruyter stehen vor der Frage, wie sich die mehrfache Transformation, in der sich die Welt des akademischen Publizierens befindet, bewältigen lässt. Die Themen, um die es geht, sind nur mit einiger Verspätung, aber mit nicht weniger Wucht auch in der Welt der Geistes- und Sozialwissenschaften angekommen:
- die vollständige Digitalisierung der Inhalte, im Zeitschriften- wie im Buchbereich (teilweise schon weit vorangeschritten);
- die digitale Bereitstellung und Distribution der Inhalte, und dies weltweit;
- die Transformation des klassische Subskriptionsmodells in ein Open-Access-Publikationsmodell mit entsprechenden "transformativen" Vereinbarungen (mit Bibliotheken und Konsortien). Es ließen sich weitere Themen hinzufügen.
Diese Herausforderungen lassen sich nur bestehen, wenn man über die nötigen Investitionsmittel und die personellen wie fachlichen Ressourcen verfügt. Und dies ist bei Verlagen, die global operieren, eine Frage der Größe. Deshalb versprechen sich die CEOs von Brill und De Gruyter vom Zusammenschluss mehr Wachstumstempo, mehr Effizienz und Synergien, und nicht zuletzt eine größere Innovationsdynamik, etwa bei der Schaffung neuer Plattformen.
Schon vor dem geplanten Zusammenschluss haben beide Verlagshäuser nach mehr Größe und einer besseren Marktdurchdringung gestrebt, sowohl durch Zukäufe (unter anderem erwarb Brill Vandenhoeck & Ruprecht) als auch durch weitreichende Vertriebskooperationen (De Gruyter) - schließlich auch durch den Abschluss transformativer Vereinbarungen weltweit. Da sich die Inhalte wie die Zielmärkte beider Verlagshäuser in vielen Bereichen überschneiden, kann dies für eine stärkere Marktpräsenz nur gut sein. Auch dies gehört ins Kalkül.