Eilantrag auf Ladenöffnung

Textil-Filialist unterliegt

19. Februar 2021
Redaktion Börsenblatt

Breuninger ist mit seinem Eilantrag gegen die Schließung seiner Textil-Warenhäuser aufgrund der Corona-Verordnung in Baden-Württemberg vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) gescheitert. Damit müssen die Läden weiterhin geschlossen bleiben.

Die Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes für Betriebsschließungen seien gegenwärtig voraussichtlich erfüllt, begründet der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim die Ablehnung des Antrags von Breuninger, teilt der VGH mit. Die 7-Tages-Inzidenz liege bundesweit über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. In einer solchen Konstellation seien laut Infektionsschutzgesetz "bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben". Die Entscheidung der Landesregierung Baden-Württembergs in der Corona-Verordnung den Betrieb von Einzelhandelsgeschäften grundsätzlich zu untersagen, sei auch Teil einer solchen "bundesweiten Abstimmung". Die Landesregierung setze damit einen am 10. Februar in einer Bund-Länder-Konferenz gefassten, von ihr dort mitgetragenen Beschluss um.

Gefahr des Shopping-Tourismus

Bei der Umsetzung einer solchen bundesweit einheitlichen Strategie in Landesrecht habe die Landesregierung den ausdrücklichen Willen des Bundesgesetzgebers berücksichtigen dürfen, dass "mögliche infektiologische Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen" möglichst ausgeschlossen werden sollen. Daher bestehe gegenwärtig kein Anlass, bei der Schließung von Einzelhandelsgeschäften regional differenzierende Regelungen zu schaffen. Denn eine punktuelle Öffnung des Einzelhandels in einigen Kreisen führe zu umfangreichen Kundenströmen zwischen einzelnen Kreisen und aus anderen Bundesländern und damit voraussichtlich zu einem erheblichen Anstieg der Sozialkontakte und der Infektionsgefahren.

Aus dem Umstand, dass die 7-Tages-Inzidenz von 50 im landesweiten Durchschnitt inzwischen unterschritten werde, folge nichts anderes. Dies zwinge die Landesregierung insbesondere nicht dazu, sich einer bundeseinheitlich abgestimmten Strategie zur Pandemiebekämpfung zu verweigern. Hinzu komme, dass der Schwellenwert im Land erst seit wenigen Tagen und bislang auch nur geringfügig unterschritten werde.

Die Einschränkungen seien weiterhin verhältnismäßig. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland sei insgesamt noch als sehr hoch einzuschätzen. Dies rechtfertige es aktuell, weiterhin Betriebsuntersagungen aufrechtzuerhalten.

Die dem entgegenstehenden – grundrechtlich geschützten – Belange des Textil-Unternehmens hätten ein sehr beachtliches Gewicht, müssten jedoch hinter dem Gesundheitsschutz zurücktreten. Dass das Unternehmen von staatlichen Kompensationsmaßnahmen in keiner Weise profitiere, sei angesichts der undifferenzierten Angaben zur Konzernstruktur und zum Umsatz im vorliegenden Eilverfahren nicht plausibel. Gegen einen gänzlichen Ausschluss spreche zudem die sinngemäße Verlautbarung des Bundeswirtschaftsministers vom 16. Februar, die Begrenzung der Überbrückungshilfe III auf Unternehmen mit einem Umsatz bis zu 750 Millionen Euro wegfallen zu lassen und einen "Härtefall-Fonds" einrichten zu wollen.

Zudem sei dem Filialisten der Betrieb seiner Einzelhandelsgeschäfte keineswegs vollständig untersagt. Er könne seine Waren über Abholangebote und Lieferdienste einschließlich solcher des – auch von ihm in erheblichem Umfang betriebenen – Online-Handels anbieten. Die Einschränkungen seien zudem zeitlich befristet und die bundesweit abgestimmte Strategie sehe konkrete Maßgaben für eine zeitnahe Wiederöffnung auch des Einzelhandels vor. Daher seien die Einschränkungen für Breuninger voraussichtlich selbst dann zumutbar und verhältnismäßig, wenn es keine staatlichen Kompensationsleistungen erhalten sollte.

Non-Food-Artikel im Lebensmitteleinzelhandel

An einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz fehle es. Die Grundentscheidung der Landesregierung, den Einzelhandel für Lebensmittel und Getränke von der grundsätzlichen Schließungsanordnung auszunehmen, sei nicht zu beanstanden, so die VGH-Mitteilung. Denn dieser diene der Grundversorgung der Bevölkerung.

Dem Lebensmitteleinzelhandel auch den Weitervertrieb von Sortimentsteilen jenseits von Lebensmitteln und Getränken einschließlich von Textilien in untergeordnetem Umfang zu gestatten, sei durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Diese Unterscheidung beruhe auf Gründen des Infektionsschutzes. Die Landesregierung habe davon ausgehen dürfen, dass der Verkauf solcher Produkte durch den Lebensmitteleinzelhandel zu keinem zusätzlichen Anstieg der durch die Öffnung des Einzelhandels ohnehin geschaffenen Infektionsquellen führen, eine Öffnung des Textileinzelhandels hingegen zusätzliche Infektionsquellen schaffen würde.

Hintergrund

Breuninger hat laut VGH-Mitteilung vorgetragen, es beschäftige über 5.000 Mitarbeiter und habe 2019 als großes mittelständisches Familienunternehmen einen Umsatz von deutlich über 750 Millionen Euro bei einem positiven Jahresergebnis im zweistelligen Millionenbereich erzielt. Es müsse seine Warenhäuser seit dem 16. Dezember 2020 geschlossen halten, seine dort teilweise vorhandenen Gastronomie- und Friseurbetriebe seien bereits seit November 2020 geschlossen. Man habe keinen Zugang zu den Förderprogrammen des Bundes. Für die Überbrückungshilfe III seien nur Unternehmen mit einem Jahresumsatz von maximal 750 Millionen Euro antragsberechtigt. Ihr Umsatz für 2020 liege voraussichtlich darüber.

Zudem habe Breuninger geltend gemacht, die Corona-Verordnung führe zu einem rechtswidrigen Eingriff in sein Eigentumsrecht, der entschädigungspflichtig sei. Die Betriebsschließung sei unverhältnismäßig. So verstoße es etwa gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass ein Supermarkt seine Bekleidungsabteilung weiterhin betreiben dürfe, Breuninger seine Verkaufshäuser hingegen geschlossen halten müsse.

Zur kompletten Pressemitteilung des VGH