Stuttgarter Buchhändler Wendelin Niedlich ist gestorben
Der Stuttgarter Buchhändler Wendelin Niedlich ist am 7. März im Alter von 94 Jahren gestorben, wie die "Stuttgarter Nachrichten" mitteilen. Er sei ein "wandelndes Denkmal" gewesen.
Der Stuttgarter Buchhändler Wendelin Niedlich ist am 7. März im Alter von 94 Jahren gestorben, wie die "Stuttgarter Nachrichten" mitteilen. Er sei ein "wandelndes Denkmal" gewesen.
Wendelin Niedlich sei in der linken Szene groß geworden, schreibt Uwe Bogen in einem Nachruf in den "Stuttgarter Nachrichten". Von 1960 bis 1998 habe Niedlich eine bis heute einzigartige Buchhandlung geführt. "Sein Lesestoff-Biotop hätte man im Stadtpalais nachbauen müssen!" Mit 33 hatte er 1960 den Laden des Antiquars Fritz Egger übernommen.
Als "mürrischen Griesgram" hätten ihn die charaterisiert, die ihn kannten – und es hätten ihn viele gekannt. "In seinem legendären Buchladen an der Schmalen Straße in der Innenstadt, in dem man mitunter die Machete brauchte, um im Dschungel des hochgeschossenen Bücherwuchses durchzukommen, habe Wendelin Niedlich mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter Kunden verscheucht, die einen Bestseller kaufen wollten, der ihm nicht gefiel – oder die, noch schlimmer, nach einem Stadtplan von Stuttgart fragten", so Uwe Bogen.
Das legendäre Schild "Wer hier klaut, hat nichts verstanden" müsste im Stuttgart-Museum einen Ehrenplatz erhalten. Noch heute erzähle man sich, dass der spätere Außenminister Joschka Fischer zu den eifrigsten Buchdieben gehörte.
Seine Buchhandlung wurde zum "Manhattan der Bücher", mit Achternbusch-Pyramide, Brecht-Chaussee, Enzensberger-Hochhaus, Joyce-Turm und einem Robert-Walser-Gebirge, wie es der Dichter Otto Marchi beschrieben habe.
Um den Buchladen zu retten, versteigerten einst Manfred Rommel und Lothar Späth Kunstwerke. "1998 war nichts mehr zu retten. Das Geschäft, das Kultur- und Literaturgeschichte geschrieben hat, musste für immer schließen."
Was war sein Lebenselexir? Dazu habe Niedlich gesagt: "Ich lese täglich." E-Books lese er nie. Er lese die 4.000 Seiten von Marcel Proust. Und wenn er damit fertig sei, fange er gleich wieder von vorne an.
Den kompletten Nachruf auf den lengendären Buchhändler lesen Sie in den "Stuttgarter Nachrichten": "Stuttgart trauert um eine literarische Institution".