Researchgate zeigt sich von der Forderung selbst nicht überrascht, ist aber verwundert über den Umfang des Takedowns. "Auch wenn privat gespeicherte Dateien nicht betroffen sind, bedeutet die Forderung von Elsevier und ACS die Beseitigung von rund 200.000 öffentlich zugänglichen Dateien", heißt es im Blog von Researchgate. "Im Kontext einer Community von mehr als 20 Millionen Forschern ist das mehr bedauerlich als existenziell, aber es hat bei vielen unserer Mitglieder, die an eine offene Wissenschaft (open science) glauben, eine scharfe Reaktion ausgelöst."
Die Entscheidung von Elsevier und ACS, die Texte einfach zu entfernen, sei für die gesamte Forschergemeinde enttäuschend, nicht nur wegen des Schadens für Wissenschaft und Forscher*innen, sondern auch, weil es einen besseren Weg gebe. Verlage wie Springer Nature und Wiley würden mit Researchgate zusammenarbeiten, um Möglichkeiten auszuloten, die Offenheit allen Akteuren im Ökosystem des wissenschaftlichen Verlegens erschließen könnte – mit den Forschenden im Zentrum.
Aus der Sicht der Coalition for Responsible Sharing, die von Elsevier und ACS mitbegründet wurde, stellt sich die Sache anders dar. Artikel 17 der neuen europäischen Urheberrechts-Richtlinie, die seit 1. August auch in Deutschland geltendes Recht ist, benenne klar die Verantwortlichkeit von Online-Plattformen, deren Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen und öffentlich zugänglich machen. Um Artikel 17 und dem dazugehörigen deutschen Gesetz zu entsprechen, würde ResearchGate nun Artikel entfernen, die es rechtswidrig auf seiner Website gehostet hat.
Forscher*innen sehen sich durch diesen rechtmäßigen Vorgang in ihrer Arbeit behindert. So bedauert etwa der südafrikanische Bioinformatiker David Tabb, der gerade für ein Jahr am Pasteur-Institut in Frankreich arbeitet und dann wieder in sein Heimatland zurückkehrt, dass viele Forschungseinrichtungen in Südafrika nicht in der Lage seien, die Abonnements für viele Fachzeitschriften zu bezahlen. Darunter würden vor allem Graduierte leiden. "Ich investiere Monate in jeden begutachteten Aufsatz (peer-reviewed paper) und möchte wissen, dass das Ergebnis meiner Forschung so weit wie möglich gelesen werden kann. Jede künstliche Zugangsbeschränkung verringert die potenzielle Wirkung, die meine Arbeit haben kann", beklagt Tabb.