Kritik an Thalia

Raum für chinesische Staatspropaganda?

18. September 2020
Redaktion Börsenblatt

In drei Thalia-Filialen bestückt "China Book Trading" Regale offenbar mit Titeln, die regierungsfreundliche Inhalte transportieren. Das stößt auf Kritik.

Eine Sinologin hat beim Besuch der Thalia-Filiale am Berliner Alexanderplatz ein Regal mit Titeln chinesischer Staatsverlage entdeckt – und kritisiert dies in einem Facebook-Beitrag. Etliche Medien griffen das Thema auf.

Die erste Freude sei schnell verflogen, schreibt sie in ihrem Post auf Facebook: "Irritiert hat mich dann auf den zweiten Blick jedoch die Aufmachung, die irgendwie so gar nicht in das Design der Filiale passen will, und noch mehr, als ich plötzlich eine Übersetzung von Xi Jinpings 'China regieren' in den Händen hielt." Zudem fielen ihr weitere eindeutig regierungsfreundliche Inhalte auf. Eine Mitarbeiterin habe ihr auf Nachfrage gesagt, die Regale würden "von außen" bestückt. Die Auswahl träfe "China Book Trading", eine Tochter des Fremdsprachenamtes Chinas.

Thalia bestätigte etwa gegenüber ZDFheute, dass an drei Standorten deutschlandweit aktuell "in Zusammenarbeit mit China Book Trading ein chinesisches Buchsortiment" getestet werde. Thalia spreche, so der TV-Sender, von einem "Service für die wachsende chinesische – bzw. China-interessierte – Community in Deutschland". Aber: Der Importeur "China Book Trading GmbH" mit Sitz in Rödermark führt neben Sprachführern und Kochbüchern chinesischer Autoren auch eine ganze Reihe offizieller Publikationen des chinesischen Staates. Das Presseamt des Staatsrates veröffentlicht gemeinsam mit anderen staatlichen Medienhäusern Bücher in zahlreichen Sprachen – auch für den deutschen Markt. Darunter etwa die erwähnte Buchserie "China regieren" des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping mit unkommentiert abgedruckten Reden des Staatschefs. Der Buchimporteur gehöre laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (dort werden kritische Stimmen aus der Politik zitiert) zu 100 Prozent der Kommunistischen Partei Chinas.

Update: Statement von Thalia

In einem Statement an die Medien hatte sich Thalia zur Sachlage geäußert. Wir geben es hier noch einmal in Gänze wieder: "Vor allem als Service für die wachsende chinesische ─ bzw. für China Interessierte ─ Community in Deutschland, testet Thalia in Zusammenarbeit mit der CNPIEC – China National Publications Import & Export (Group) Corporation ein chinesisches Buchsortiment. Der Test findet in drei Buchhandlungen statt und ist zeitlich begrenzt. Unsere chinesischen Partner schlagen Bücher vor, die vom Thalia Sortimentsmanagement geprüft und freigegeben werden. Es handelt sich um ein allgemeines Sortiment mit Kinderbüchern, Reiseliteratur, Lyrik und Belletristik sowie zwei Büchern über Politik. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema China findet in unseren Buchhandlungen über kuratierte Thementische und eine große Buchauswahl statt und wird durch den Test nicht beeinflusst."

Rund 100 Titel stünden in den von CNPIEC befüllten Regalen, so Thalia auf Anfrage. Die Bücher lägen zum großen Teil in deutscher und englischer Sprache vor. Der Absatz der Titel sei noch nicht evaluiert worden. Neben Berlin, gebe es das Angebot noch in zwei Filalen in Hamburg und Wien. Es sei nicht geplant, weitere Filialen einzubeziehen. Über die Vertragsdetails habe man Stillschweigen vereinbart. Die Kooperation laufe 2021 aus, gibt Thalia an.

Zum Vorwurf der China-Propaganda in den von CNPIEC bestückten Regalen, äußert sich die Filialist nur indirekt. Thalia biete "ein unabhängiges, sorgfältig kuratiertes China-Sortiment, selbstverständlich auch mit Publikationen, die sich kritisch mit dem Land auseinandersetzen. Die Thementische stehen in unmittelbarer Nachbarschaft."