Herr Boos, Sie sind Mitglied im wissenschaftlichen Komitee des Sheikh Zayed Book Award. Hatten Sie keine Bedenken, damit 'zu dicht' am Herrscherhaus zu sein?
Der SZBA würdigt die Arbeit von Wissenschaftler*innen, die die arabische Sprache und Kultur erforschen. Der Preis wird in neun Kategorien verliehen, darunter "Übersetzungen", "Arabische Kultur in anderen Sprachen", "Verlagswesen und Technologie", "Kinder- und Jugendbuch" oder "Literatur".
Ich habe in dieser Zeit sehr viel über die arabische Kultur und Gesellschaft gelernt und den intensiven Austausch mit den anderen Mitgliedern des Beirats als fruchtbar und offen empfunden. Diese Annäherung und das wachsende gegenseitige Verständnis sind genau der Grund, warum ich meine Teilnahme zugesagt hatte.
Hatte Jürgen Habermas von Ihnen vom Preis an ihn erfahren?
Ich bewundere das Werk von Jürgen Habermas sehr, aber ich kannte ihn nicht persönlich. Wir haben ihn über den Verlag kontaktiert und ihn über die Auszeichnung in Kenntnis gesetzt.
Wie geht es nach Habermas‘ Rückzug nun weiter mit dem Sheikh Zayed Book Award in der Kategorie "kulturelle Persönlichkeit des Jahres" 2021?
Der Preis in der Kategorie "Kulturelle Persönlichkeit des Jahres" wird in diesem Jahr nun leider nicht vergeben werden. Zwar akzeptiere ich natürlich Herrn Habermas‘ Entscheidung. Die Verleihung dieses Preises an ihn wäre jedoch ein Anlass gewesen, sein bedeutendes Werk und seine Positionen im arabischen Kulturraum noch bekannter zu machen und damit die Auseinandersetzung der arabischen Gesellschaft mit seinem Werk zu fördern.
Auch wurden bereits eine bedeutende Anzahl der Werke des deutschen Philosophen und Soziologen ins Arabische übersetzt. Zahlreiche Studierende und Forschende im arabischen Raum beziehen sich auf seine Philosophie und setzen sich mit seinen Arbeiten auseinander. Im Rahmen des 2007 gegründeten Übersetzungsförderungsprogramms und des ehemaligen SZBA-Preisträgers Kalima Translation Project war ein Werk von Jürgen Habermas zudem unter den ersten sechs Büchern, die ins Arabische übersetzt wurden.
Die FBM organisierte Gemeinschaftsstände auf den Messen in Abu Dhabi, aktuell den Ehrengastauftritt Deutschlands – was wird damit verfolgt?
Ziel der deutschen Gemeinschaftsstände ist es immer, den Austausch zwischen den Kulturen zu fördern, unsere demokratischen Werte zu vermitteln, den Austausch und Dialog mit der Zivilbevölkerung zu pflegen. Der fachliche Austausch steht im Vordergrund.
Verlage aus der arabischen Welt sind wichtige Lizenzpartner für deutsche Verlage, und wir freuen uns über das anhaltende Interesse an deutschen Titeln und Autor*innen.
Für dieses Jahr war ein deutscher Gastlandauftritt auf der Buchmesse in Abu Dhabi geplant, dieser wurde jedoch Coronabedingt auf zwei Jahre ausgeweitet. Wir sind in diesem Jahr mit einem kleinen Stand präsent, und wir richten ein hybrides Fach- und Kulturprogramm aus.
Ist vorab über die politische Lage im Land und das Für und Wider einer Beteiligung diskutiert worden?
Die deutschen Gastlandauftritte werden in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt, mit dem BMWi, der Deutschen Botschaft vor Ort, den Goethe Instituten vor Ort und anderen Mittlerorganisationen geplant und umgesetzt. Selbstverständlich wird über die politische Lage diskutiert. Aber wir halten es für wichtiger, den Dialog aufrecht zu halten.
Gerade ist die "Woche der Meinungsfreiheit" gestartet – inwieweit wirkt sich diese auf den Auftritt aus?
Die Frankfurter Buchmesse hat das Thema der Meinungsfreiheit auf allen ihren Auftritten weltweit.
Die Sheikh Zayed Book Awards stehen unter der Schirmherrschaft von Sheikh Mohammed bin Zayed bin Sultan Al Nahyan, Kronprinz des Emirats Abu Dhabi. Die Auszeichnung an Habermas sollte offiziell bei einer Zeremonie während der Abu Dhabi International Book Fair überreicht werden, die Ende Mai stattfindet.
Eine Übersicht der anderen Preisträger*innen 2021 findet sich hier.