Und da sei der Mittler zwischen Ost und West, der wie nur wenige andere Schriftsteller geholfen hat, Autoren aus der DDR im Westen bekanntzumachen, auch in seinem knappen Jahrzehnt als Lektor, zuerst für den Wagenbach Verlag, dann für den Rotbuch Verlag. In den sechziger und siebziger Jahren habe Delius fleißig über die Grenze geschmuggelt, "aber immer nur wenige Seiten", habe er sich erinnert, "einiges von Biermann, Gedichte von Kunert, Berger, Mickel, Bartsch bis hin zu ein paar Sachen von Brasch und Heiner Müller, zum Beispiel die 'Hamletmaschine', die ja so dünn ist, dass sie unauffällig unter das Unterhemd passte, im Gürtel eingeklemmt. Wenn man sich gerade hält, ist das kein Problem."
Delius habe sich nie wie ein Historiker bewusst einem Stoff zugewandt, sein Schreiben ging ganz auf seine Zeitgenossenschaft zurück, auf die Fragen, die er an die unmittelbare Gegenwart hatte, auf den Versuch, sie zu verstehen. Auch die autobiographisch gefärbten Werke seien entstanden, als für ihn die Fragen an die eigene Lebens- und Familiengeschichte drängend wurden. Lange sei Delius mit Selbstauskünften recht zurückhaltend gewesen, "heute jedoch gehören diese autobiographischen Erzählungen mit zu seiner stärksten Prosa, sei es 'Bildnis der Mutter als junge Frau', 'Die Zukunft der Schönheit' oder sein zuletzt, 2021, erschienener Erzählungsband 'Die sieben Sprachen des Schweigens'", so Rowohlt.
Friedrich Christian Delius zählt zu den bedeutendsten Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur. Vielfach ausgezeichnet, wurde er 2011 mit dem Georg-Büchner-Preis geehrt. Er war Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Akademie der Künste Berlin.