Interview

"Eine Inventur der unabhängigen Literaturpodcasts"

2. Mai 2024
Kai-Uwe Vogt

Mehr Sichtbarkeit für Bücherpodcasts und eine engere Vernetzung in die Verlage: Das ist das Ziel des Projekts literaturpodcasts.de. Das Börsenblatt hat mit dem Gründungstrio Carolin Callies, Ludwig Lohmann und Nefeli Kavouras über ihre Pläne und übers Podcasten gesprochen. 

Collage: Ludwig Lohmann, Carolin Callies und Nefeli Kavouras

Ludwig Lohmann (l.), Carolin Callies und Nefeli Kavouras (r.)

Mit literaturpodcasts.de gibt es nun erstmals ein Verzeichnis von unabhängigen Literaturpodcasts. Wie sind Sie auf die Idee gekommen? Was ist das Ziel?

Nefeli Kavouras: Wir alle drei betreiben jeweils einen Literaturpodcast und wir kennen uns auch alle. Die Idee zu Literaturpodcasts.de ist im Grunde auf der Frankfurter Buchmesse entstanden, als wir uns gefragt haben: „Wen gibt es überhaupt eigentlich noch alles?“ Es ist wirklich schwierig, sich einen Überblick zu verschaffen, sich zu vernetzen und einfach mal zu gucken: Wie machen das eigentlich die anderen? Gerade was die Finanzierung oder die Sichtbarkeit angeht – diese Themen sind ja für alle unabhängigen Medien ein großes Thema, egal ob das jetzt Verlage oder Podcasts sind. Es geht aber natürlich auch um die Sichtbarkeit nach außen. Wir möchten mit literaturpodcasts.de ein Zeichen setzen, dass Literaturgespräche nicht nur im klassischen Feuilleton stattfinden, sondern auch andere Zielgruppen und Menschen erreichen kann. Der erste, logische, konsequente Schritt war also, erst mal ganz simpel eine Webseite zu aufzubauen. 

Carolin Callies: Es gibt ja relativ viele Initiativen, die sich unter dem Label Independents zusammenschließen, seien es die unabhängigen Verlage, die unabhängigen Buchhandlungen oder die unabhängige Lesereihen. Da wir alle in unterschiedlichen Kontexten mit diesen Zusammenschlüssen verbunden sind, kam die Idee auf, so etwas auch für den Bereich Literaturpodcasts auf die Beine zu stellen. Es gibt in der Szene eine unglaubliche Bandbreite! Wir selbst waren überrascht, was uns alles bei der Recherche begegnet ist und was uns dann alles noch zugetragen wurde! Insofern ist literpodcasts.de jetzt so eine richtige Fundgrube geworden. Es macht einfach unglaublich Spaß, durchscrollen und sich zu überraschen zu lassen, welche Aspekte der eine oder andere Podcast ausleuchtet. 

Ludwig Lohmann: Wir haben in den letzten Jahren außerdem gesehen, wie viele Raum im klassischen Feuilleton einfach weggekürzt und weggerissen wurde. Das wird ja auch immer gleich als so eine Art Totengesang des Feuilletons verstanden: „Oh mein Gott, jetzt gibt es wieder eine Literatursendung weniger!“ und so was. Wir haben uns aber gesagt: Nein! Eigentlich gibt es da draußen ganz, ganz viele Menschen, die sehr gut über Literatur sprechen, übrigens auch zu sehr diversen Themen, die also nicht immer nur die die Shortlist des Buchpreises besprechen, sondern beispielsweise über Autorinnen der afrikanischen Diaspora oder über feministische Literatur oder auch Themen des Literaturbetriebs. Das sind sehr kluge Leute, die zum Teil Anbindungen an Literaturhäuser haben oder an  Universitäten oder für bestimmte Magazine schreiben. Wir wollten gezielt diejenigen sichtbar machen, die keine so große Marktmacht haben. Kurzum: Wir wollten so eine Art Inventur der unabhängigen Literaturpodcasts machen. Damit wollten wir auch den Verlagen zeigen: Hey, da draußen gibt es so viel mehr als die F.A.Z.!  

Es gibt ja auch einige Player, die sich selbst durchaus als Indies bezeichnen, von denen Sie jetzt vielleicht sagen würden: Das sind in unserem Sinne gar keine unabhängigen Player! Wer darf sich denn bei Ihnen listen lassen?

Ludwig Lohmann: Da diskutieren wir intern auch sehr viel darüber! Wir haben zwei relativ harte Regeln: Die eine ist, dass es kein Podcast von einem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender sein soll. Die haben andere Betriebsstrukturen im Hintergrund und sie können  auf ganz anderen Kanälen ihre Zuhörer*innen erreichen. Die zweite Regel ist, dass es sich nicht um Verlagspodcasts handeln darf. Verlagspodcasts haben zwar oft auch einen literaturkritischen Aspekt, wenn wir jetzt etwa an Hanser Rauschen denken – das ist jetzt unsere Meinung und vielleicht ein Grenzfall – werden solche Podcasts trotzdem eher als Marketinginstrument wahrgenommen. Wir wollen  die Podcasts versammeln, bei denen es um eine unabhängige Literaturkritik geht.  

Nefeli Kavouras: Außerdem legen wir Wert darauf, dass die Podcasts bereits mindestens zehn Folgen aufgenommen haben. Es muss also schon eine gewisse Kontinuität geben. Gerade durch die Coronapandemie sind ja unfassbar viele Podcasts entstanden. Einen Podcast zu starten, ist ja keine große Leistung, das geht relativ unkompliziert. Ihn aber dann regelmäßig zu füllen und da eine Regelmäßigkeit zu schaffen, das ist etwas, wovor wir Respekt haben. Denn wir alle machen das ja nebenbei, neben all unseren anderen beruflichen Aufgaben.  

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