"Next Level, please" heißt das Motto des diesjährigen Publishers‘ Day des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien. Wie könnte man die nächste Stufe des Verlegens und der Arbeit im Verlag beschreiben?
Die nächste Stufe des Verlegens besteht aus mehreren Bausteinen. Einer davon ist sicherlich, Inhalte, wo möglich, medienneutral zu erstellen – das machen ja viele Verlage auch zunehmend, um die Inhalte später in möglichst vielen Formaten publizieren zu können. Ein anderer Baustein ist das Community-Building. In Zeiten, in denen viele Menschen den Instagram-Kanal der Tagesschau als Hauptinformationsquelle heranziehen und einen Großteil ihrer Online-Zeit in sozialen Netzwerken verbringen, müssen Verlage ihrer Zielgruppe genau dort auf Augenhöhe begegnen und sich entlang der ganzen Wertschöpfungskette austauschen. Aber Verlegen ist ja hochdimensional – auch in Bereichen wie dem Marketing, beim Berücksichtigen von Diversität oder, nach innen gedacht, dem Personalmanagement, gibt es viele neue Ansätze und Ideen, von denen wir uns inspirieren lassen können – ich erwähne nur mal BookTok, Neuropsychologie oder New Work - oder auch Marketing 4.0, das ja thematisch neben dem Lektorat und dem Verlagsmanagement ein wichtiger Teil meiner Professur an der Hochschule der Medien ist.
Unser Publishers' Day greift aus diesem Baukasten einige spannende Themen auf – und trägt zur Vernetzung von Branchenvertretern untereinander und mit dem Nachwuchs bei.
Community Building, New Work, TikTok sind Themen, um die es in dieser digitalen Tagung gehen soll. Welches Team hat das Konzept entwickelt?
Unsere Tagung wird zum Großteil von engagierten Studierenden im Rahmen einer Lehrveranstaltung entwickelt. So stellen wir sicher, dass Themen aufgegriffen werden, die die junge Generation beschäftigen – das entwickelt eine Sogwirkung: so können wir eine große Teilnehmendenzahl von unserer Seite garantieren, was auch für die Vertreter und Vertreterinnen der Branche wiederum spannend ist.
Wie soll der virtuelle Austausch organisiert werden?
Wir wollen möglichst barrierefrei arbeiten: keine komplizierte Technologie, keine Vielzahl von Plattformen oder Apps – ganz simpel in Zoom. Die Themen und der Austausch stehen im Vordergrund. Es wird Vorträge geben, dann aber auch persönliche Gespräche in Breakout-Rooms. Wir haben ein tolles Technikteam am Start, das die Teilnehmenden unterstützen wird. Am Nachmittag bieten wir noch zwei Seminare und erstmals eine Messe an, bei der Studierende sich direkt mit Vertretern und Vertreterinnen von Verlagen vernetzen können.
Geht es in erster Linie um Information, oder sollen die Teilnehmer auch lösungsorientiert an bestimmten Fragestellungen arbeiten?
Aus den Vorträgen werden sich sicherlich konkrete Fragestellungen ergeben, denen wir im Anschluss an die Tagung nachgehen werden – damit haben wir bereits sehr gute Erfahrungen in einer Großzahl von Kooperationen mit Verlagen gesammelt.
Welche Branchenprofis haben Sie zur Veranstaltung eingeladen?
Unsere Vortragenden sind Markus Fertig von MVB, der sehr spannend über die neu eingeführte Buch-Klassifikation durch Lesemotive berichten wird - das Ergebnis der vor einigen Jahren abgeschlossenen "Quo Vadis Studie" des Börsenvereins.
Marlene Billmann von Carlsen spricht über Chancen und Möglichkeiten des New Work-Ansatzes.
Ausgerechnet aus dem Fantasy-Programm erhalten wir einen aber eben gerade deswegen besonders spannenden Impuls zum Thema "Diversität in der Literatur", vorgetragen von Maria Weber und Natalja Schmidt von Droemer Knaur.
Jessica Sänger vom Börsenverein spricht über Debattenkultur und den wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs, der von der Verlagsbranche ausgeht.
In einer großen Diskussionsrunde, an der auch Peter Kraus von Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, teilnimmt, sowie Vortragende des Vormittags, Professoren der HdM und Studierende, realisieren wir einen Generationenaustausch zu wichtigen Themen modernen Publizierens, wie die Rolle von Plattformen wie TikTok oder von Verlagen als Meinungsbildern.
Nachmittags bietet Rebekka Endler von DuMont und Lisa Warth von Lovelybooks jeweils noch einen Workshop an - hier bestehen viele Möglichkeiten, sich zu vernetzen und auszutauschen.
Sie haben als theoretische Physikerin gearbeitet, haben Ihre Dissertation über ein erkenntnistheoretisches Thema geschrieben, sind Wissenschaftsautorin und haben als Programmleiterin in Naturwissenschaftsverlagen gearbeitet. Welche besonderen Erfahrungen kommen Ihnen in Ihrer jetzigen Tätigkeit zugute?
In der täglichen operativen Arbeit unterscheiden sich Verlage untereinander – je nach Themengebiet beispielsweise hat man es mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen, Autoren oder Autorinnen, Workflows, Geschäftsmodellen etc. zu tun. Auf der Management-Ebene und im strategischen Bereich ähneln sich die Verlage jedoch. Alle begegnen der Herausforderung und den Chancen, die beispielsweise die Digitalisierung mit sich bringt. Alle müssen ihre Mitarbeitenden und Autoren und Autorinnen mitnehmen und ihre Zielgruppen bestmöglich erreichen. In diesem Bereich habe ich sehr viel – auch menschlich allzu menschliche – Erfahrung sammeln dürfen, die ich nun mit Freude, auch mal mit Humor, oft in Form von Planspielen in meine Vorlesungen einbringen kann. Ich selbst hätte manches auch gerne im Planspiel oder an fiktiven Charakteren in gespielten Dialogen ausprobiert – statt es gleich in der Praxis mit allen Konsequenzen erleben zu dürfen.
Gibt es unter den Fähigkeiten, die Sie den Studierenden und Absolventen vermitteln, eine, die Sie für besonders wichtig halten?
Furchtlosigkeit, alles zu hinterfragen, den Mut, Dinge anzusprechen – und Kreativität, jenseits des Bekannten zu denken. Da kommt bei mir zum Teil auch die Physikerin wieder durch ...