Corona war Brennglas und Polarisationsfilter, war Ausrede, Entschuldigung und Sündenbock, manchmal auch eine Mischung aus allem.
Und jetzt, wo das Virus antritt, uns auch durch weite Teile dieses Jahres
zu begleiten, wird klar: Wir waren so darauf konzentriert, dieses Corona-Jahr zu überleben, dass wir – so scheint es mir – die eine oder andere wichtige Frage vor uns hergeschoben haben.
Die unangenehme Eigenschaft nicht beantworteter Fragen ist es,
dass sie beharrlich bleiben. Manche Fragen entpuppen sich
mit der Zeit als Gretchenfragen. Alfred Herrhausen forderte von sich und seinem Führungsteam: Sagen, was ist. Tun, was man sagt. Und sein, was man tut.
Mich hat das so beeindruckt, dass ich es ins Leitbild unseres Verlages schrieb. Und als mich eine kluge Buchhändlerin daran erinnerte, wusste ich: Ich kann hier nicht zu Ihnen sprechen, ohne auszusprechen, was ich höre, sehe und was mir Sorgen bereitet:
Wie wollen wir sicherstellen, dass die Zahnräder der Maschinerie, die Leserinnen und Leser während der Lockdowns so verlässlich mit dem Grundnahrungsmittel Buch versorgt, auch weiter ineinandergreifen?
Wie halten wir es also mit dem Miteinander der Sparten? Was sind leistungsgerechte Konditionen und was ist uns die Preisbindung wert?
Was ist uns Vielfalt wert und was eine Buchhandels-Netz, um das die Welt uns beneidet? Wie also sieht die Kultur aus, die wir miteinander leben wollen, wenn wir von außen – von Politik und Gesellschaft - als wertvoller und wesentlicher, unterstützens- und schützenswerter Bestandteil der Kultur wahrgenommen werden wollen?
Vor uns liegt eine echte Aufgabe, denn:
- Mit unserem Verhalten entscheiden wir über weitaus mehr als über Quartalszahlen und Jahresergebnisse.
- Mit unserem Verhalten entscheiden wir darüber, ob Politik und Gesellschaft unserer Branche über unsere wirtschaftliche Bedeutung hinaus Wertschätzung, Unterstützung und Anerkennung entgegenbringen.
- Mit unserem Verhalten entscheiden wir darüber, ob wir unter einen gewissen Schutz gestellt – und unsere Anliegen gehört werden.
- Mit unserem Verhalten entscheiden wir darüber, ob diese Branche, also wir, als elementarer Bestandteil der Kultur gesehen und behandelt wird.
- Mit unserem Verhalten entscheiden wir über die Zukunftsfähigkeit der Branche.