Nun also hat der Krebs doch gewonnen. Dabei hat CvZ schon ganz andere Bedrohungen bestanden. Nennen wir es lieber: Herausforderungen. Er hat im Alter von 23 Jahren mit BuchMarkt eine Fachzeitschrift gegründet, in einer Konstruktion, für die es seinerzeit den Begriff Start-up noch nicht gab. Was es 1966 brauchte, war eine Vision, Investoren und eine entschlossene Person als Kopf, Herz und Seele, mit Charme und Charakter, ausgestattet mit Motor, Kompass und einem einfallsreichen Kommunikationstalent. Entschlossen war CvZ nicht in der Art von Ego-Heroes, sondern bereit, das Magazin für die Menschen der Buchbranche zu machen und vor allem mit ihnen.
Er war der erste, produktivste, menschenfreundlichste, offendenkendste Netzwerker für alle, die am modernen Buchgeschäft mitwirken: sei es als Autoren, in den Buchhandlungen, in Vertrieben und Lektoraten, bei Kritikern und Vermittlern, bei allen dazwischen: vom Zwischenbuchhändler zum Zwischenrufer, dabei stets sensibel für Zwischentöne. "Alle" ist ein unspezifischer Begriff, aber bei CvZ waren es wirklich alle. Die Kontakte, die er geknüpft hat (oft auch für andere); die Beziehungen, die er gestiftet hat; die offen diskutierten und die unbeliebten Branchenthemen; sein Andekdoten-Tank, der unbegrenzt speicher-, erweiterungs- und abruffähig war; seine Mischung aus Genauigkeit und Großzügigkeit; und das alles immer herzlich, zugewandt und irgendwie heiter.
Energie hat er auch investiert als Familienmensch – und natürlich ebenso bezogen. Seine Frau Dörthe, passionierte und erfolgreiche Buchhändlerin, stellte täglich den Kontakt zur Basis der buchhändlerischen Tätigkeit her, und hinter ihren Lese-Empfehlungen versteckte er immer seinen eigenen enormen Bücherkonsum; er begleitete sie liebe- und sorgenvoll bis zu ihrem Tod 2016. Die beiden Mrs. Books-Läden werden von ihrer gemeinsamen Tochter Maxi fortgeführt. Die beiden Söhne Felix und Tim sind ebenfalls in der Medienwelt zu Hause.
In den letzten Jahren gab es ein Thema, das ihn umtrieb, über das er aber nicht gern gesprochen hat: Was aus BuchMarkt werden würde, wenn er nicht mehr Inhaber und Herausgeber sein könnte. Es ist ihm gelungen, hierfür 2022 eine Lösung zu finden, die genau einem seiner zentralen Anliegen entspricht: den unabhängigen Buchhandel in seinen eigenen Stärken zu unterstützen. Unter dem Dach von eBuch sind die besten Voraussetzungen dafür gegeben.
Zum Glück wurde und wird das Geschehen in der Buchbranche von den drei unterschiedlich konzipierten Fachzeitschriften Börsenblatt, Buchreport und BuchMarkt begleitet – es entspricht einer unbändigen Neugier auf Menschen, dass CvZ ungeachtet der Wettbewerbssituation mit dem früheren Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir und mit dem legendären Buchreport-Verleger Bodo Harenberg Freundschaft schließen konnte.
Als ich ein Jahrzehnt nach der BuchMarkt-Gründung das Verlagsgeschäft im abgelegenen Ravensburg erlernte und die ersten eigenen Programmansätze Gestalt annahmen, war klar, dass wir unsere Ideen nicht nur auf den üblichen Wegen bekanntmachen, sondern den BuchMarkt gewinnen sollten, das Magazin für neue Töne. Dafür brauchte man die persönliche Begegnung, und so ist es bis heute geblieben, sei es im fachlichen Gespräch, beim Buchmesse-Vorabend mit Alt vom Fass, auf zahllosen Branchentreffs, natürlich auch mit seinen ebenso engagierten Kolleginnen und Kollegen – seit Corona und seiner Erkrankung leider nur noch am Telefon. Wir haben viel, lange, lachend und tränenreich miteinander telefoniert, und erst kürzlich meinte er: "Ach, komm doch mal wieder vorbei." An diesem Montag habe ich ihm gemailt, um genau das anzukündigen. Es war völlig untypisch für CvZ, dass nicht umgehend eine Antwort kam. Am Dienstag musste ich dann die traurige Meldung lesen. "Es ist verdammt hart, älter zu werden", hat er mir mal bei einem runden Geburtstag gesagt, "aber es ist noch viel härter, es nicht zu werden." Älter ist er geworden, aber keinesfalls alt.
Ulrich Störiko-Blume