Emotionaler und pekuniärer Krisengewinn
Immer mehr Autor:innen und Promis betreten die Outing-Arena und legen ihre Schwächen, Probleme und psychischen Erkrankungen bloß. Constanze Kleis erklärt, wie wir alle davon profitieren.
Immer mehr Autor:innen und Promis betreten die Outing-Arena und legen ihre Schwächen, Probleme und psychischen Erkrankungen bloß. Constanze Kleis erklärt, wie wir alle davon profitieren.
»Zeige deine Wunde!« lautet der Titel einer Installation von Joseph Beuys. Auf dem Buchmarkt wird sein kategorischer Imperativ der Selbstentblößung gerade ganz schön ernst genommen. Wurden Schwächen, Probleme, psychische Erkrankungen viel zu lange tunlichst verschämt versteckt, haben wir es gerade mit einem wahren Tsunami an Bekennerschreiben zu tun. Allüberall machen Autor:innen zum Thema, was sie plagt, gehen mit Depressionen, ADHS, Narzissmus, Asexualität, Hypersensibilität, Ess- oder Angststörungen und / oder Bodyshaming in die Outing-Arena, um dort durchaus Gutes zu bewirken. Schließlich besitzen diese Offenbarungen einiges an Identifikationsappeal. Es entlastet und erleichtert, zu erfahren, dass man mit seinen Problemen nicht nur nicht allein ist, sondern dass diese durchaus auch rampenlichttauglich und von allgemeinem Interesse sind. Ein Effekt, der umso stärker ist, wenn Promis seelisch blank ziehen und uns so die Gelegenheit bieten, hinter die glänzenden Fassaden zu blicken.
Da haben wir es dann schwarz auf weiß, was wir ohnehin gehofft haben: Dass Geld allein auch nicht glücklich macht. Dass die Reichen und Berühmten, die Schönen und Glamourösen auch nur Menschen sind und einen das ganze Berühmtsein nicht vor großem Leid bewahrt. Ebensowenig davor, vom Dieter Bohlen des Literaturbetriebs, Denis Scheck, im Fernsehen niedergemacht zu werden (wie es Kurt Krömer mit »Du darfst nicht alles glauben, was du denkst«, seinem Bekenntnis zur Depression, passiert ist).
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