Im Mittelpunkt stehen laut Leipziger Buchmesse Themen wie die Erinnerungskultur und ihre Instrumentalisierung unter Kriegsbedingungen, verschiedene Facetten des Pazifismus, das Überleben der Institutionen, eine neue Perspektive auf Gerechtigkeit, Verschwörungstheorien und Informationssicherheit, Frauenrollen im Krieg sowie die Dekolonialisierung der Kunst.
Das Sonderprogramm des Goethe-Instituts auf der Leipziger Buchmesse umfasst mehrere Diskussionsrunden ukrainischer und deutscher Intellektueller zu Themen, die während des russischen Angriffskrieges besonders an Relevanz gewonnen haben und die perspektivisch zum Ausgangspunkt für neue Zugänge zu Geschichte, sozialem Leben, Kultur und Literatur in der Nachkriegsukraine werden. Ein großes Thema auf der ukrainischen Bühne sind daher dekoloniale Prozesse in der Kultur und die ersten Schritte einzelner Institutionen und Kulturschaffender in diese Richtung.
Das Programm am Ukraine-Stand vom Goethe-Institut wird in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Kunst- und Kulturmuseum Mystetskyi Arsenal (Art Arsenal), dem Ukrainischen Buchinstitut und dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen sowie der Bundeszentrale für politische Bildung umgesetzt. Finanziert und organisiert wird er durch das Bundesministerium für Kultur und Medien, das Goethe-Institut sowie die Leipziger Buchmesse.
Zwei weitere Partner umrahmen den Stand: das internationale Lyrikfestival Meridian Czernowitz – langjähriger Aussteller der Leipziger Buchmesse – mit den drei Autor:innen Andrij Ljubka, Igor Pomeranzew und Sofia Andruchowytsch sowie das internationale Book Arsenal Festival. Darüber hinaus finden an verschiedenen Orten auf dem Messegelände mehr als 45 Veranstaltungen zum Krieg in der Ukraine statt.
Den Krieg durch ein Kameraobjektiv erleben: Auszug aus dem Donnerstagsprogramm
Wie es ist, den Krieg durch eine Kamera zu betrachten, darüber sprechen am 27. April von 15:00 bis 16:00 Uhr Kateryna Mishchenko, Herausgeberin des Buches „Aus dem Nebel des Krieges. Die Gegenwart der Ukraine“ (erschienen 2023 im Suhrkamp Verlag), und die Fotografin Oksana Karpovych. Ort: Ukraine Stand, Halle 4, D307
Wie es sich anfühlt, wenn Krise Normalität bedeutet, vermittelt die Lesung aus der 110. Ausgabe der Literaturzeitschrift „allmende“ von 12:30 bis 13:00 Uhr. Sie versammelt Stimmen der jüngeren Generation, die von ihrer Jugend in Zeiten von Corona, nahender Klimakatastrophe, dem Krieg vor der eigenen Haustür und atomaren Drohgebärden erzählen. Ort: Forum Sachbuch - Halle 5, Stand C700.
Kritische Worte aus Belarus und Russland über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine präsentieren Friederike Meltendorf, Ingo Petz, Lisa Füchte und Alhierd Bacharevic unter dem Titel "Das ist ein Ozean aus Wahnsinn" von 12:00 bis 21:00 Uhr im Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa / GWZO (Specks Hof).
Die Lesung aus „Ukraine mon amour“ präsentiert von 19:00 bis 20:00 Uhr Texte aus der Zeit nach dem russischen Überfall auf die Krim und spiegelt die Auseinandersetzung prominenter ukrainischer Schriftsteller:innen und Intellektueller mit der daraus entstandenen Situation wider sowie mit Fragen unserer gesellschaftlichen Orientierung. Ort: Altes Rathaus – Grüner Salon.
Jenseits großer Worte – Auszug aus den Veranstaltungen am Freitag
Zwei weitere Autor:innen von „Aus dem Nebel des Krieges“ sind am 28. April um 11:00 Uhr ebenfalls in Leipzig zu Gast: der Autor Artem Chapeye, der als Soldat an der Front kämpft, sowie die Soziologin Oksana Dutchak. Gemeinsam werfen sie bei der Veranstaltung „Allein mit der Wirklichkeit kämpfen“ einen Blick auf die Situation der Familien im Krieg.
Ort: Ukraine Stand, D307
Am selben Tag um 12:30 Uhr spricht die deutsche Journalistin und Autorin Sabine Adler mit der Übersetzerin Nelia Vakhovska über ihr Buch „Die Ukraine und wir. Deutschlands Versagen und die Lehren für die Zukunft“ (erschienen 2022 im Ch. Links Verlag) und die deutsche Kontroverse über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Ukraine. Ort: Ukraine Stand, D307
Der ukrainische Dichter, Essayist, Literaturkritiker und Übersetzer Ostap Slyvynsky präsentiert am 28. April um 14:30 gemeinsam mit der Slawistin Nina Weller die deutsche Ausgabe des Buches „Wörter im Krieg“ (erscheint Ende März 2023 bei edition.fotoTAPETA). Ort: Ukraine Stand, D307
An diesem Tag sprechen um 16:00 Uhr unter dem Titel „Jenseits großer Worte: Was braucht die Ukraine für den kulturellen Wiederaufbau?“ der Generalsekretär des Goethe-Instituts Johannes Ebert, die Generaldirektorin des Nationalen Kunst- und Kulturmuseums Mystetskyi Arsenal Olesia Ostrovska-Liuta und die Kuratorin und Kulturwissenschaftlerin Kateryna Botanova über die Zukunft der Ukraine nach dem Krieg und den Wiederaufbau der kulturellen und urbanen Infrastruktur. Moderiert wird das Gespräch von Natascha Freundel (rbb Kultur). Ort: Ukraine Stand, D307
Die Dekolonialisierung der Kunst: Was Besucher:innen am Samstag erwartet
Am 29. April, 15:00 Uhr thematisiert eine Diskussionsrunde mit Expert:innen aus Osteuropa die ersten internationalen Aktionen im Bereich der Dekolonialisierung der Kunst und den Beitrag der Literatur und der Übersetzung zu diesem Prozess. Ort: Ukraine Stand, D307
Wie der Krieg auch die Literatur auslöscht, sei es weil Werke aus Bibliotheken verbannt werden oder Autor:innen bei der Verteidigung ihres Landes sterben, verdeutlicht das Gespräch „Krieg in Europa – Bleibt die Literatur auf der Strecke?“, das von 12:30 bis 13:00 Uhr zwischen Leander Sukov, Marco Sagurna und Astrid Vehstedt stattfindet. Ort: Forum Sachbuch - Halle 5, Stand C700.
Wie der Kampf um die Ukraine die Welt verändert, ist Thema des Buches „Kriegsfolgen“ (erscheint bei Promedia im März 2023). Über die Motive und Folgen dieser Weltkrise sprechen die Herausgeber Hannes Hofbauer und Stefan Kraft von 12:30 bis 13.00 Uhr. Ort: Forum Sachbuch Halle 4 - Halle: 4, Stand: E100
Das neue Buchmesse-Format Forum Offene Gesellschaft widmet sich der Ukraine in einer mehrtägigen Reihe. Wie aus Nachbarn Feinde werden, darüber sprechen am Samstag von 13:30 bis 14:00 Uhr die beiden Schriftsteller Dževad Karahasan und Hugo Hamilton.
Ort: Forum Offene Gesellschaft - Halle 4, Stand E101.
Über eine Liebe in Zeiten des Krieges geht es bei der Lesung der ukrainischen Schriftstellerin Haska Shyyan gemeinsam mit ihrer Übersetzerin Claudia Dathe aus dem preisgekrönten Roman „Hinter dem Rücken“ (erscheint im April 2023 bei edition.fotoTAPETA) von 18:00 bis 19:00 Uhr. Ort: naTo.
Zum Abschluss der Buchmesse: Wie wird Geschichte erzählt?
Am letzten Buchmessetag kommt Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk nach Leipzig. 11:30 Uhr spricht sie über Dimensionen und Möglichkeiten der Propaganda, Verletzung der Menschenrechte und Wege zur Gerechtigkeit. Ort: Ukraine Stand, D307
Geschichten, die wir über uns selbst, über unsere Familien und unsere Umgebung erzählen, sind strukturiert von Zeit und Raum: Was ist jetzt, was war davor? Wo ereignet sich unser Leben, an welchen Orten bewegt es sich? Unter dem Eindruck kriegerischer Zerstörung und der Allgegenwart von Verlust und Trauer verzerren sich die Erinnerungen. Wie wollen wir Geschichten und die Geschichte erzählen? Und wie bestimmt dieses Erzählen die Gegenwart und vor allem die Zukunft? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Autor:innen Kateryna Mishchenko, Karl-Markus Gauß und Nelia Vakhovska. Die Veranstaltung findet am Sonntag, 30. März, um 14:00 Uhr statt. Ort: Café Europa - Halle: 4, Stand: E303