"Die Preisbindung ist (k)eine Zier …"

Die Jubilarin ist jedoch weit mehr als die "Preisbindungstante der Nation", wie sie sich mitunter selbstironisch betitelt. Alles andere als tantenhaft in Ausstrahlung und Auftreten und mit "Biss" ausgestattet, ist sie vielmehr eine versierte Juristin mit jahrzehntelanger Berufserfahrung in allen Rechtsgebieten, welche die Buchbranche berühren – von "A" wie Auflagendefinition im Verlagsrecht bis "Z" wie Zugaberegelung im Buchpreisbindungsgesetz.

Geboren und aufgewachsen in Marburg an der Lahn und aus einem halbjuristischen Elternhaus stammend, fand Birgit Menche bald nach ihren Examina den Weg, der ihr berufliche Erfüllung verhieß: den Einstieg in die Buchbranche – zunächst als juristische Mitarbeiterin in der Rechtsabteilung des Börsenvereins. Im September 1992 nahm sie dort ihre Arbeit unter dem Justiziariat von Dr. Harald Heker auf und beriet die Mitglieder des Verbands in allen branchenspezifischen Rechtsangelegenheiten. Dies gab ihr Gelegenheit zur gründlichen Einarbeitung in Rechtsgebiete, die der traditionellen juristischen Ausbildung in Studium und Referendariat weitgehend fremd sind:  das Urheber- und Verlagsrecht, das Recht der Buchpreisbindung, das Recht des markengesetzlichen Titelschutzes sowie das Wettbewerbs- und Kartellrecht unter besonderer Berücksichtigung der Branche. Zu ihren Aufgaben gehörte ferner, wie diejenigen der Rechtsabteilung insgesamt, die Beratung der Gremien des Börsenvereins und seiner Wirtschaftsbetriebe. Schnell erwarb sich Birgit Menche den Ruf einer zuverlässigen, kompetenten, jederzeit – vor allem auch für akuten Rechtsrat begehrende Mitgliedsunternehmen – ansprechbaren Kraft, die mit juristischem Sachverstand und Verhandlungsgeschick jeder beruflichen Aufgabenstellung gewachsen war. Trotz der beruflichen Zufriedenheit, die Birgit Menche aus ihrer Beschäftigung in der Rechtsabteilung zog, drängte es sie doch in die Selbstständigkeit der freien Rechtsanwaltschaft. Sie vollzog diesen Schritt zum Jahresende 2004 und verließ die Rechtsabteilung nach über 12 Jahren für alle Seiten gewinnbringender Tätigkeit – ohne ihre dauerhafte Verbundenheit mit der Buchbranche aufzugeben.

Diese Verbundenheit und ihr erfolgreiches Wirken in der Rechtsabteilung waren der Grund, dass Birgit Menche gleich nach ihrem Ausscheiden beim Börsenverein Anfang 2005 offiziell zur Preisbindungsbevollmächtigten des Sortiments ernannt wurde. Mit der Ernennung wurde den Preisbindungstreuhändern der Verlage, den Rechtsanwälten Dieter Wallenfels und Prof. Dr. Christian Russ in Wiesbaden, eine Anwaltskollegin zur Seite gestellt, deren preisbindungsrechtliche Zuständigkeit sich auf den Schutz von Unternehmen des verbreitenden Buchhandels vor Preisbindungsverletzungen durch den herstellenden Buchhandel richtet. Dementsprechend ist Hauptaufgabe des Amtes die anwaltliche kostenpflichtige Abmahnung von Verlagen, die massiv gegen die Buchpreisbindung verstoßen haben, und die Erhebung von Unterlassungs-, Verpflichtungs- oder Schadensersatzklagen vor den Zivilgerichten im Fall von unbeachtet gebliebenen Abmahnungen. Diese Aufgabe wird wahrgenommen in enger Abstimmung mit der Rechtsabteilung und im Auftrag des Börsenvereins. Preisbindungsverletzern das Fürchten zu lehren und sie vor weiteren einschlägigen "Sünden" abzuschrecken: Dafür steht das Amt der Preisbindungsbevollmächtigten des Sortiments, das Birgit Menche noch immer ausübt und sich dafür nach wie vor große Verdienste erwirbt.

Aber sie darauf zu reduzieren, würde der breit angelegten Vielseitigkeit der Jubilarin nicht gerecht. Von ihrer umfassenden und profunden Fachkenntnis, ihrem auch juristischen Laien gut verständlichen Schreibstil zeugen diverse Buchveröffentlichungen, etliche Merkblätter und Glossare sowie unzählige Fachbeiträge im Börsenblatt über die verschiedensten branchenrelevanten, nicht allein branchenspezifischen Rechtsthemen wie das neue Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), das Fernabsatzrecht, das Titelschutzrecht, das Vergaberecht vor dem Hintergrund des Schulbuchgeschäfts und immer wieder das Medienrecht im weiteren Sinne einschließlich des Urheber- und Verlagsrechts sowie das Preisbindungsrecht. Daneben stellte sie – und stellt noch immer – ihr pädagogisches Talent in einer Vielzahl von Vorträgen bei Seminaren der Landesverbände des Börsenvereins und bei Lehrveranstaltungen und Kolloquien auf dem Mediacampus in Frankfurt am Main-Seckbach unter Beweis. Besonders die dort von ihr (zumeist gemeinsam mit dem Laudator), aber auch anderen Dozenten aus der Buchbranche dargebotenen Unterrichtseinheiten im Rahmen der seinerzeit alljährlich stattfindenden Schulungen zum Lizenzwesen sind vielen der damaligen Auszubildenden und jungen Angestellten aus Verlagen und Buchhandlungen, die sich in der Folgezeit in Führungspositionen ihrer Unternehmen hochgearbeitet haben, in dauerhafter guter Erinnerung geblieben.

Das ganze Gegenteil einer drögen Paragrafen- (oder gar juristische Phrasen-) Drescherin, ist Birgit Menche eine literarisch, kulturell und politisch interessierte und aufgeschlossene Persönlichkeit. Musikalisch begabt, greift sie bei besonderen Gelegenheiten schon einmal in Freundes- oder Kollegenkreisen zur Gitarre und ist Mitglied eines Gospelchors. Mehrsprachig, viel- und weitgereist und sozial engagiert, erteilt sie, wenn es ihre Zeit erlaubt, Deutschunterricht in Einrichtungen der Flüchtlingshilfe, nicht ohne eine Stippvisite in die arabische Sprache unternommen zu haben.

Betätigt sich die Jubilarin auch als juristische "Einzelkämpferin" in eigener Anwaltspraxis, so arbeitet sie doch nicht isoliert vom beruflichen Umfeld, in dem sie wirkt. Schon aufgrund ihrer Funktion als Preisbindungsbevollmächtigte des Sortiments steht sie in engem Kontakt mit dem Börsenverein und der MVB, vor allem mit ihren Kolleginnen und Kollegen in der Rechtsabteilung. Mit ihnen verbindet sie eine zumeist langjährige vertrauensvolle, freundschaftliche und fruchtbare Zusammenarbeit. Als regelmäßige Teilnehmerin am sog. Preisbindungs-Thing, eines mehrmals jährlich tagenden informellen „Thinktanks“ der Rechtsabteilung und der Preisbindungstreuhänder der Verlage, bringt sich Birgit Menche aktiv in die dort geführten Fachdiskussionen über Grundsatzfragen und Gesetzgebungsvorschläge des Verbands mit richtungweisenden Beiträgen ein.

Liebe Birgit, vor sechzehn Jahren hattest Du eine Laudatio zu meinem damaligen 60. Geburtstag für die Fachzeitschrift "Buchreport" verfasst. Heute bin ich es, der Dir zu Deinem Sechzigsten auf das Herzlichste gratuliert. "Ad multos annos" heißt es bei derartigen Ereignissen oftmals stereotyp. Aber es sind nicht die hoffentlich noch vielen zukünftigen Jahre als solche, die Dir beschieden sein mögen, sondern deren sinnvolles Erleben und Gestalten, auf die es ankommt. In diesem Sinne wünsche ich Dir eine mit bestmöglicher Sinnhaftigkeit im Privaten und Beruflichen erfüllte Zeit. Ich freue mich auf unsere nächsten Treffen, auch abseits des fast schon ritualhaften gemeinsamen Genusses von Frankfurter Schnitzel mit Grüner Soße. In Namibia hatten wir einander verpasst, aber vielleicht klappt es wieder einmal am Kalterer See in Südtirol oder im kommenden Jahr in einer Oasenstadt am Rande der Sahara im südlichen Marokko.

Dein

Kristian Müller von der Heide