Frankfurter Buchmesse 2020 - Special Edition

Die Messe als digitale Drehscheibe

14. Juli 2020
Michael Roesler-Graichen

Nachdem die Frankfurter Buchmesse bereits vergangene Woche über das digitale Konzept der "Special Edition" im Herbst informiert hat, gaben Buchmesse-Chef Juergen Boos und sein Management bei einem Pressegespräch am 14. Juli Einblicke in die konkrete Planung. Unterdessen wurde bekannt, dass die Verlage Aufbau, C.H. Beck, Klett-Cotta und Suhrkamp mit einem gemeinsamen Ausstellungsareal an der Buchmesse teilnehmen – physisch also.

Auch wenn die Frankfurter Buchmesse Präsenzelemente haben wird – digital wird sie auf allen Ebenen und in allen Dimensionen sein. Das wurde bei der Präsentation des Konzepts deutlich sichtbar, und entspricht auch den Vorstellungen Juergen Boos' für die "Special Edition", als die die Buchmesse 2020 in die Geschichte des Buchtreffs eingehen soll. Es gebe drei Bausteine, so Boos: die digitale Messe, die Veranstaltungen auf dem Messegelände und die Events in der Stadt Frankfurt. Wobei die digitale Klammer, die alles umschließt, aus allem ein weltweit sichtbares Ereignis machen wird.

Wenn etwa der Friedenspreis am 18. Oktober in der Paulskirche verliehen wird, dann wird dies nicht nur vor anwesendem Publikum und nicht nur am Fernseher zu sehen sein, sondern auch per Livestream im Netz. Das Gleiche gilt für die Eröffnung der Buchmesse am 13. Oktober und für die Übergabe des Deutschen Buchpreises am 12. Oktober im Kaisersaal. Sie findet vor Publikum statt, wird aber zugleich weltweit gestreamt. Verlage, die Veranstaltungen an ihren Ständen auf der Messe realisieren, können diese ebenfalls streamen, um mehr Reichweite zu erzeugen.
 

Die Messe als "digitaler Hub"

Reichweite zu generieren, Sichtbarkeit zu schaffen und Neugeschäft zu ermöglichen, seien die Ziele, die sich die Buchmesse für dieses Jahr setzt. Nicht anders als sonst, aber mit anderen Mitteln. Die Planer stehen dabei vor der Aufgabe, eine Buchmesse mit allen ihren Aktivitäten, Angeboten und Event-Plätzen digital nachzubauen. Finanziell ermöglicht wird dies durch Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die aus dem Programm Neustart Kultur vier Millionen Euro zur Verfügung stellt, die auch für digitale Präsentations- und Beteiligungsmöglichkeiten von Ausstellern und Autor*innen sowie für die teilweise digitale Nutzung des "Bookfest" genutzt werden können.

Die Website der Frankfurter Buchmesse (www.buchmesse.de), so Kommunikationschefin Katja Böhne, werde zum "digitalen Hub", auf der alle Inhalte abgespielt und alle Informationen, die Aussteller und Messe betreffen, recherchiert werden können. Für alle Verlage und Autoren soll diese Seite die Adresse sein, auf die die Kommunikation und alle Aktivitäten verlinkt werden. Der gemeinsame Hashtag der Messe ist #fbm20.

Die digitalen Angebote hat die Buchmesse nach dem Grad der Kuratierung und nach Zielgruppe in einem Schichtenmodell gestaffelt: So gibt es etwa die Ebene der Matchmaking Tools, auf der Fachbesucher und Aussteller eigenständig neue Geschäftskontakte herstellen können. Oder die Zone des Online-Rechtehandels, "Frankfurt Rights", die Rechteanbieter und Rechteinteressenten mit ihren jeweiligen Angeboten bespielen können. Der Aussteller-Katalog wird in diesem Jahr mehr als nur ein Verzeichnis sein – nämlich eine Bühne, auf die Aussteller ein digitales Profil mit Multimedia- und Social-Media-Elementen stellen können.

Aussteller, die nicht mit einem physischen Stand vertreten sind, haben die Möglichkeit, auf der Messe-Website ihre Autor*innen, Bücher und Themen in Themen-Specials vorzustellen. An die Stelle des Messerundgangs und der physischen Präsentation tritt hier also ein großes, wachsendes Online-Magazin, in dem all dies sichtbar gemacht wird. "Aussteller" zu sein, bedeutet in diesem Jahr also nicht nur, physisch da zu sein, sondern kann heißen, eine digitale Repräsentanz einzurichten. Weshalb, so Lars Birken-Bertsch, die Ausstellerzahl alle Teilnehmer umfasst, auch die rein digitalen.
 

Zahl der Aussteller noch ungewiss – aber Aufbau, C.H. Beck, Klett-Cotta und Suhrkamp kommen auch physisch

Eine Zahl, die vermutlich erst zu Messebeginn am 14. Oktober feststehen wird. Wenn überhaupt: denn im Prinzip sind der (digitalen) Teilnahme keine Grenzen gesetzt. Zu physischen Ausstellern sagte Boos nur so viel: "Es gibt eine starke Beteiligung europäischer Gemeinschaftsstände, das Bild bei den deutschen Ausstellern ist hingegen noch gemischt." Kurz nach dem Pressetermin wurde es immerhin ein bisschen klarer: Die Verlage Aufbau, C.H.Beck, Klett-Cotta und Suhrkamp gaben ihre Teilnahme an der Frankfurter Buchmesse (14.-18. Oktober 2020) bekannt. In Kooperation mit der Buchmesse habe man ein Konzept für einen gemeinschaftlichen Messestand entwickelt.

Kuratiert sind die digitalen Angebote für das Publikum: vor allem das Bookfest digital, das am 17. Oktober für 16 Stunden rund um den Globus gehen soll, wie Katja Böhne sagte. Zentraler Publikumsmagnet auf der Messe wird die ARD-Buchmesse-Bühne sein, die ihren Standort in der Festhalle haben wird. Alles, was dort stattfindet, wird entweder aufgezeichnet, über Mediatheken bereitgestellt oder direkt live gestreamt.

Jenny Kühne, Projektleiterin Digitale Buchmesse, stellte der Presse die digitalen Fachangebote vor, darunter ein umfangreiches Konferenzprogramm zu Rechten, zu Audio-Themen, zu Marktüberblicken und wissenschaftlichem Publizieren.

Juergen Boos sieht die (immer zugleich) digitale Messe als Chance, für die nächsten Jahre die Weichen zu stellen und das Profil der Buchmesse zu stärken. Rechtehandel und wachsende Internationalität würden der Messe "langfristig noch mehr Substanz" geben.