Unternehmensnachfolge in Corona-Zeiten (Folge 1)

"Das Lebenswerk soll nicht verschleudert werden"

15. Februar 2021
Redaktion Börsenblatt

Martin Julius Bock ist Berater im Bereich Medien/Verlage. Mit diesem Beitrag beleuchtet er Entwicklungen, Schwierigkeiten und Chancen zum Thema Nachfolge und Unternehmensverkauf. Der Autor warnt vor überzogenen Erwartungen, will aber auch Denkanstöße geben und Mut machen. Auftakt einer Serie auf Börsenblatt online.

Im DIHK-Report Unternehmensnachfolge 2020 geben 71 Prozent der befragten IHKs an, dass die Zahl der Nachfolge-Beratungen seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 rückläufig ist. Auch wenn der Report des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) branchenübergreifend und damit nicht zu 100 Prozent auf Verlage anwendbar ist, zeigt er dennoch ein deutliches Bild.

Die Zahl der Verleger*innen, die das Thema Nachfolge derzeit beschäftigt bewegt sich seit Jahren auf einem sehr hohen Niveau und die Corona-Pandemie hat die Lage nicht gerade entspannt. Das gilt für alle gängigen Formen der Nachfolge, also sowohl für die familieninterne Nachfolge, über Verkauf, MBO (Management-Buy-Out) und MBI (Management-Buy-In). Dabei spielen Verpachtung und Vermietung so gut wie keine Rolle (mehr) – und der Gang an die Börse kommt ohnehin nur für sehr große Verlage in Betracht.

In der Vergangenheit war die familieninterne Nachfolge bei Verlagen häufig anzutreffen. Töchter oder Söhne sind in die Fußstapfen der Eltern getreten und haben den Verlag weitergeführt und weiterentwickelt. Was früher fast die Regel war, wird heute immer seltener. Der Grund: Die Verlagslandschaft hat sich stark verändert und viele junge, gut ausgebildete potenzielle Nachfolger sehen ihre Zukunft nicht mehr automatisch im elterlichen Verlag, sondern heuern lieber bei großen Unternehmen an, verdienen dort wesentlich mehr Geld und haben gute Aufstiegsperspektiven. Hinzu kommt, dass bei der familieninternen Nachfolge zwar häufig kein Kaufpreis bezahlt werden muss, aber regelmäßige Zahlungen an Vorgänger*innen zu leisten sind, die die Nachfolger*innen über Gebühr belasten und manchmal überlasten.

 

Die entscheidende Frage: Wieviel ist mein Verlag wert?

Wieviel ein Unternehmen generell wert ist, ist eine Frage des Standpunktes. Der Verkäufer sieht das Lebenswerk, die Chancen und Möglichkeiten, die Entwicklung und die Marktposition, die man sich in 20, 30 oder mehr Jahren erarbeitet hat. Der am Kauf Interessierte erkennt zwar das Potenzial, sieht aber auch die Risiken: Er oder sie muss sich Geld leihen (auch wenn die Zinsen historisch günstig sind) und mit dem gekauften Verlag entsprechende Gewinne erwirtschaften, um die Rückzahlung des Kaufpreises zu sichern. Aber auch Investitionen in den Verlag sind zu berücksichtigen. Dabei spielt u.a. das Thema Digitalisierung eine zentrale Rolle. Wird es dem Käufer gelingen, den Kaufpreis plus Zinsen zu erwirtschaften? Wie lange und wie stark wirkt sich Corona auf die Verlagslandschaft aus? Wie verändert sich auch der Buchhandel als wichtigster Vertriebsweg in dieser Zeit – wie stark nehmen Online-Handel und vor allem die Marktanteile von Amazon zu?

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