Wie kommt man als Auszubildende dazu, sich gemeinsam und gleichberechtigt mit dem Chef selbstständig zu machen?
Pentz: Es war schon immer ein großer Traum von mir, eine eigene Buchhandlung zu führen. Dass dieser so schnell in Erfüllung gehen würde, hätte ich allerdings nicht gedacht. Als Rasmus im Februar mit der Idee zu mir kam, brauchte es nicht viel Überredungskunst. Ich habe das sofort als Riesenchance und Vertrauensbeweis gesehen. Mir war klar, dass es keinen besseren Ort für eine Ausbildung gibt als die Aegis Buchhandlung und damit einhergehend die Möglichkeit, einen eigenen Laden mit besonderem Spirit zu führen.
Schöll: Das Teilhaberkonzept hatte ich schon länger entwickelt, nur muss man dazu die passenden Menschen finden. Mit Franziska war das ein großer Glücksfall, da sie bereit ist, neue Wege zu gehen. Mit dem Modell kann man hochqualifizierten Mitarbeiter*innen eine Entwicklungsperspektive bieten, damit sie in der Branche bleiben.
Das Azubigehalt im Buchhandel ist alles andere als üppig. Wie haben Sie Ihren Einstieg in die Buchhandlung finanziert?
Pentz: Ich habe etwas von meinem Großvater geerbt, der auch Unternehmer war, und mir das Geld in diesem Sinne hinterlassen hat. Wir mussten in den Umbau investieren, der Laden entstand in Handarbeit – vorher war ein Café in den Räumen –, Möbel anschaffen, die Beleuchtung installieren. Wir haben nächtelang gearbeitet, gestrichen und alles schön gemacht, denn tagsüber standen wir beide in der Aegis Buchhandlung. Das war eine sehr anstrengende Zeit. Eine Woche vor Eröffnung hatten wir noch keine Ware im Laden ... Aber pünktlich zur Eröffnung war alles fertig.
Und dann mussten Sie den Laden kurz nach dem Start wegen des Lockdowns wieder dichtmachen ...
Schöll: Ja, das war eine besondere Herausforderung. Nachdem wir Freitag und Samstag offen hatten, mussten wir montags schon wieder schließen. Die Buchhandlungen haben im Lockdown zu einem Gutteil von ihrer Stammkundschaft gelebt – diese hatten wir uns ja noch gar nicht aufgebaut. Aber die Söflinger waren sehr solidarisch mit dem neuen Laden, sie haben uns geradzu liebevoll aufgenommen, uns ermutigt und unterstützt. Es funktionierte erstaunlich gut und die Menschen waren richtig dankbar, dass es in ihrem Stadtteil wieder eine Buchhandlung gibt.
Frau Pentz, als Auszubildende im ersten Lehrjahr sind Sie noch mitten in der Lernphase. Wie fühlen Sie sich als Chefin?
Pentz: Ich fühle mich sehr gut. Am meisten reizt mich, dass ich die Oberhand über die Buchhandlung habe, selbst gestalten kann und nicht permanent Rücksprache halten muss, wie Dinge gemacht oder entschieden werden. Rasmus und ich ergänzen uns sehr gut, wir können die Titel präsentieren, die uns am Herzen liegen. Unsere Mitarbeiterinnen, von denen viele älter und erfahrener sind als ich, machen das genauso und bringen sich mit ihren Herzensthemen ein. Dafür lassen wir ihnen natürlich auch freie Hand.