MVB setzt übergangsweise auf Parallelbetrieb

VLB-TIX: Starttermin für Systemwechsel verschiebt sich

28. Juni 2021
Redaktion Börsenblatt

Das Titelinformationssystem VLB-TIX wird nicht auf einen Schlag, sondern zum Jahresende schrittweise auf die neu entwickelte technologische Infrastruktur umgestellt – zuerst ziehen die Buchhandlungen auf das neue Inhouse-System um, dann die Verlage. Über den veränderten Zeitplan bei der Branchenlösung hat Betreiber MVB jetzt informiert.

Der Wechsel zum neuen System werde nicht, wie geplant, für alle Anwendergruppen gleichzeitig im dritten Quartal dieses Jahres vollzogen - sondern Schritt für Schritt ab Dezember 2021, teilt das Unternehmen mit. Das bedeutet im Detail:

  • Buchhandlungen werden gegen Jahresende zuerst auf die neue Benutzeroberfläche zugreifen können, um ihren Novitäteneinkauf im Januar vorzubereiten.
  • Premiumkunden, also Verlage inklusive Vertreter*innen, Vertriebskooperationen und Buchhandelsgemeinschaften, arbeiten dagegen bis zur vollständigen Umstellung im Sommer 2022 auf dem Bestandssystem weiter. Sie sollen aber schon vorher von Performance-Steigerungen profitieren, weil sich die Lasten durch den Wechsel des Sortiments auf das zukünftige System besser verteilen.
  • Angesichts der verzögerten Qualitätssteigerung für den Handel erhalten Premiumkunden eine Teilerstattung ihrer VLB-TIX-Gebühren in Höhe von jeweils 30 Prozent für alle Monate im Zeitraum von September 2021 bis zum Start des Parallelbetriebs. Dieser Preisnachlass wird laut MVB automatisch als Rabatt bei der Jahresabrechnung 2022 berücksichtigt. Die Mindestgebühr von 79 Euro kann dabei allerdings nicht unterschritten werden.
  • Die Lastverteilung durch den Parallelbetrieb von Bestandssystem und zukünftigem VLB-TIX-System ab Dezember 2021 soll MVB zufolge für Performance-Steigerungen bei allen Anwendergruppen sorgen - da weniger Nutzerinnen und Nutzer gleichzeitig auf dem Bestandssystem arbeiten. „Dabei entstehen keine doppelten Pflegeaufwände“, betont das Unternehmen.
  • Auf Grund der veränderten Architektur erfordere das zukünftige System keinen Über-Nacht-Abgleich mehr mit dem Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB), sondern greife direkt auf dessen Metadaten zu: „Dieser Effekt ist ein zentraler Grund für das gesamte Inhousing-Projekt und verhindert, dass selbst größere Aktualisierungen/Importe durch die Verlage die VLB-TIX-Performance wie bisher beeinträchtigen können“, heißt es weiter.
  • Alle VLB-TIX-spezifischen Daten, also Titel-Anreicherungen, Vorschauen mit allen Angaben, Themenspecials und Aktionspakete, würden im Parallelbetrieb fortlaufend aus dem Bestandssystem heraus synchronisiert, wie MVB betont: „So arbeiten alle Anwendergruppen jederzeit mit einheitlichen Datenbeständen.“

Ausschlaggebend für die Entscheidung, den Starttermin zu verschieben, sei „die Neubewertung des Entwicklungszeitraums nach der termingerecht bereitgestellten und durchgeführten Beta-Phase“, heißt es in der MVB-Mitteilung. In der Betaphase hatten ausgewählte Anwenderinnen und Anwender definierte Szenarien im zukünftigen VLB-TIX-System getestet. Die Re-Evaluation habe dann ergeben, dass die noch offenen Entwicklungspunkte in der verbleibenden Zeit bis zum ursprünglichen Starttermin mit den vorhandenen Ressourcen nicht in der notwendigen Qualität umzusetzen seien, so MVB: „Das Ziel, bereits im nächsten Quartal ein voll funktionsfähiges, neues VLB-TIX-System in einem reibungslosen Übergangsprozess zur Verfügung zu stellen, ist dadurch nicht erreichbar.“

Über den veränderten Ablauf bei der Einführung des neuen VLB-TIX-Systems informiert unter anderem ein FAQ, das unter www.vlbtix.de/inhousing erste Antworten auf zentrale Fragen gibt..

Uns ist bewusst, dass der kurzfristig verschobene Starttermin für das neue VLB-TIX-System für viele Anwenderinnen und Anwender, die sich auf die Umstellung eingestellt, vorbereitet und gefreut haben, mehr als enttäuschend ist.

Ronald Schild

In einem digitalen Pressegespräch machten MVB-Geschäftsführer Ronald Schild und Kai Wels, Leiter des Geschäftsbereichs Digital, deutlich, dass das Inhousing-Projekt bislang immer im Zeitplan gelegen habe. Im April habe termingerecht die Betaphase mit den Verlagen begonnen. Dabei habe sich jedoch gezeigt, dass das neue System noch nicht allen Anforderungen der Kunden entspreche. MVB habe Projekt und Starttermin deshalb neu bewertet: "Das Risiko, Ende August mit einer neuen Plattform an den Start zu gehen, die noch keine ausreichende Performance bietet, war uns zu hoch", so Ronald Schild: "Wir möchten nichts abliefern, das nicht marktgerecht ist."

Zudem sei das Inhousing-Projekt bei VLB-TIX deutlich komplexer als beim Verzeichnis Lieferbarer Bücher: Das VLB-System war vor einigen Jahren ebenfalls intern technisch ganz neu aufgesetzt worden. "Der Einkauf ist ein komplexer Prozess, auch auf dem Papier", so Schild. Sehr viele Funktionen müssten hier abgebildet werden, unterschiedliche Wünsche und Perspektiven von Verlagen und Buchhandlungen aufeinander abgestimmt und technisch gelöst werden. VLB-TIX könne schon heute viel, solle und müsse aber noch besser werden. Zum Hintergrund: Vor allem der Buchhandel kritisiert seit längerem Perfomance-Probleme beim Bestandssystem von VLB-TIX, etwa lange Reaktionszeiten bei Abfragen. Das soll sich durch den Parallelbetrieb ab Jahresende bessern.

Interne IT-Ressourcen bei MVB sollen nun neu verteilt werden, externe Unterstützung wird hinzukommen. Die Mehrkosten, die dadurch entstehen, könnten über fünf Jahre abgeschrieben und verteilt werden, erläuterte Schild - ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Zudem sei MVB finanziell solide aufgestellt, auch dank der jungen Geschäftsfelder in USA und Brasilien. 

Einige Kunden, die besonders intensiv mit VLB-TIX arbeiten, hat MVB schon vorab über den neuen Zeitplan informiert: "Keiner war begeistert, aber es gab auch sehr viel Verständnis", berichtete Schild.

In den nächsten Wochen soll vor allem der unabhängige Buchhandel intensiv auf die Umstellung zum Jahreswechsel vorbereitet werden, etwa in Webinaren. Für die Verlage, die nun erst im Sommer 2022 auf das neue System umziehen, ändere sich bei der Nutzung erst einmal nichts, so Kai Wels.

Wir stellen unsere internen Ressourcen neu auf und holen uns zusätzliche externe Unterstützung.

Ronald Schild

Ronald Schild, Geschäftsführer bei MVB, erläutert die Entscheidung in einer ausführlichen Stellungnahme so:

Uns ist bewusst, dass der kurzfristig verschobene Starttermin für das neue VLB-TIX-System für viele Anwenderinnen und Anwender, die sich auf die Umstellung eingestellt, vorbereitet und gefreut haben, mehr als enttäuschend ist. Mit unserer bisherigen Projektstruktur konnten wir leider nicht verhindern, dass einzelne Teilverzögerungen in den vergangenen Wochen die geplante Umstellung im dritten Quartal unmöglich gemacht haben. Das war ein Fehler, für den wir uns ausdrücklich entschuldigen. Um sicherzustellen, dass unsere Prozesse unter den veränderten Rahmenbedingungen reibungslos funktionieren, stellen wir unsere internen Ressourcen neu auf und holen uns zusätzliche externe Unterstützung. Die daraus entstehenden Mehrkosten tragen wir bei MVB, so dass unseren Premiumkunden keine zusätzlichen Kosten für die weitere Nutzung von VLB-TIX entstehen.“

Ronald Schild weiter: „Nachdem wir alle Alternativen intensiv geprüft haben, sind wir davon überzeugt, dass der nun eingeschlagene Weg eines schrittweisen Übergangs die beste Lösung für unsere Kundinnen und Kunden ist, auch wenn Buchhandlungen und Verlage dadurch länger als geplant mit dem bestehenden System arbeiten müssen und erst nach und nach von den angekündigten Verbesserungen profitieren. Leider ist die Verschiebung des Starttermins die notwendige Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss unseres Entwicklungsprozesses, also für ein leistungsstarkes VLB-TIX, über das alle Beteiligten bestmöglich zusammenarbeiten können.“

Da wir dem Buchhandel auf keinen Fall eine weitere Einkaufsrunde unter den aktuellen Bedingungen zumuten können und wollen, haben wir uns für die Aufsplittung zum Jahreswechsel entschieden.

Kai Wels

Kai Wels, Leiter Geschäftsbereich Digital bei MVB, ergänzt:

„Bei der Planung dieses komplexen Großprojekts stand für uns von Anfang an im Fokus, dass der Umsetzungszeitraum möglichst wenige Anwenderinnen und Anwender beeinträchtigt. Über das Jahr wechseln sich die Hochphasen in Buchhandlungen und Verlagen mit Einkaufsrunden und Buchmessen unmittelbar ab oder überlappen. Nur die Ferienzeit im Sommer ist etwas ruhiger. Da wir dem Buchhandel, der schwerpunktmäßig von den Performance-Beeinträchtigungen des bestehenden VLB-TIX-Systems betroffen ist, auf keinen Fall eine weitere Einkaufsrunde unter den aktuellen Bedingungen zumuten können und wollen, haben wir uns für die Aufsplittung zum Jahreswechsel entschieden.

Natürlich wissen wir, dass zwischen dem in diesem Jahr besonders wichtigen Weihnachtsgeschäft und der Inventur nur ein schmales Zeitfenster besteht, aber die Umstellung auf den Parallelbetrieb ist ein wichtiger Faktor für die notwendigen Stabilitätsverbesserungen. Bis zur Umstellung auf den Parallelbetrieb setzen wir unsere Bemühungen mit unveränderter Intensivität fort, das Bestandssystem hinsichtlich seiner Performance weiter stabil zu halten.“

Über VLB-TIX

Das Titelinformationssystem ist die Plattform der Buchbranche für die tagesaktuelle Kommunikation über Neuerscheinungen. Mehr als 23.200 Anwenderinnen und Anwender sind auf VLB-TIX registriert – davon 8.400 aus Buchhandlungen, über 6.800 aus Verlagen und Vertriebskooperationen sowie fast 8.000 Journalist*innen, Blogger*innen, Leser*innen. Ihnen stehen derzeit mehr als 7.100 Vorschauen sowie zahlreiche Themenspecials, Aktionspakete und digitale Leseexemplare zur Verfügung. Insgesamt listet VLB-TIX rund 2,5 Millionen Titel, darunter nahezu alle deutschsprachigen Neuerscheinungen.

Die neue Systemarchitektur soll VLB-TIX auf Dauer leistungsfähig und zuverlässig machen, auch bei intensivierter Nutzung. Weitere Ziele: Ein möglichst nahtloser Übergang zwischen dem Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB) und VLB-TIX sowie noch mehr Nutzerfreundlichkeit durch optimierte Funktionen. Mehr zum Inhouse-Projekt lesen Sie hier.