Überlebenswichtig
Stammkunden, hieß es bis vor Kurzem hinter vorgehaltener Hand, seien wichtig fürs Renommee – von ihnen leben könnten Buchhändler nicht. Auch in Sachen Kundenbindung führt
die Corona-Krise zu erstaunlichen Neugewichtungen.
Stammkunden, hieß es bis vor Kurzem hinter vorgehaltener Hand, seien wichtig fürs Renommee – von ihnen leben könnten Buchhändler nicht. Auch in Sachen Kundenbindung führt
die Corona-Krise zu erstaunlichen Neugewichtungen.
Ulrich Dombrowsky, der seine Buchhandlung in Regensburg seit 37 Jahren führt, weiß, dass der Satz so nicht stimmt. Doch auf die Pointe will er nicht verzichten: »Corona-Krise? Wir hatten eher 36 Jahre lang Krise – aber nicht in Pandemie-Zeiten.« Zu danken sei das »magische Erlebnis« der tollen Kundschaft, einer dank engagierter Großhändler auch im Lockdown funktionierenden Lieferkette – und der eigenen Kraftleistung. Statt des normalerweise vierköpfigen Teams hielten Dombrowsky und seine Frau Daniela den Laden zu zweit am Laufen, und das bis zu 15 Stunden täglich. Adrenalin war reichlich vorhanden: »Wir wollten, dass unser Laden überlebt, und das möglichst gut.«
Wie lässt sich die Euphorie, gemeinsam eine Extremsituation gewuppt zu haben, in den gelockerten Alltag überführen? »Seit wir wieder offen haben dürfen, haben wir Umsatzzuwächse von zwischen 40 und 50 Prozent«, berichtet Dombrowsky. Der dafür auch bei Temperaturen über 30 Grad acht Stunden unter der Maske durchhält. Die im Lockdown neu gewonnenen Kunden bleiben bei der Stange. »Wir tun, was wir immer getan haben, und jetzt zahlt sich das aus. Wir brauchen da kein Sahnehäubchen draufzusetzen.«
Wie wichtig sind die Stammkunden, alte und neue, für die Dombrowskys? Die von manchem Betriebsberater belächelte Theorie, dass man mit 20 Prozent seiner Kundschaft 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaften kann, bildet die Regensburger Realität recht genau ab. »Sie brauchen gar nicht groß in Werbung zu investieren, wenn Sie begeisterte Kundinnen und Kunden haben, die ihre Begeisterung teilen.« Den Juli hat die Regensburger Buchhandlung mit einem Plus von zehn Prozent abgeschlossen; statt übermütig zu werden, planen die Dombrowskys jetzt die Modernisierung der Telefonanlage. »Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir vielleicht mal zu mehreren in einem geschlossenen Laden sitzen und beraten, ausliefern müssen. Wir wollen gewappnet sein.«
Sie brauchen gar nicht groß in Werbung zu investieren, wenn Sie begeisterte Kundinnen und Kunden haben, die ihre Begeisterung teilen.
Ulrich Dombrowsky, Buchhandlung Dombrowsy
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