Gütesiegel für Ausbildung

Qualität ist messbar

28. Juni 2021
Stefan Hauck

Wie gut ist die Ausbildung? Ohne Vergleiche ist die Frage für Auszubildende wie für Unternehmen nicht immer leicht zu beantworten. Eine Checkliste mit Mindeststandards sorgt für Abhilfe – und es ist ein "Gütesiegel für Ausbildung" geplant.

Welche Themen sind den Nachwuchskräften in der Buchbranche wichtig? Ausbildungsqualität, so wurde bereits Ende 2019 auf einem Treffen der Nachwuchs-AG deutlich, steht sehr weit oben. "Ich war mit meiner Ausbildung sehr zufrieden und dachte, vielleicht können bestimmte Erfahrungen für andere nützlich sein", erläutert Svenja Schaller ihren Impuls, im Rahmen der Nachwuchs-AG die Taskforce »Gütesiegel für Ausbildung« ins Leben zu rufen. Schaller war Auszubildende bei Erlesenes & Büchergilde in Mainz und ist gemeinsam mit Susanne Döllner Sprecherin der Taskforce.
Als ersten Schritt entwarf die Gruppe einen Fragebogen, um die aktuelle Situation aus Sicht der Auszubildenden zu erfassen. Gemeinsam mit dem Berufsbildungsausschuss des Börsenvereins wurde er weiterentwickelt und anschließend ein Aufruf gestartet: 126 Auszubildende beantworteten schließlich die ausgearbeiteten Fragen.

Kriterienkatalog erstellen

Susanne Döllner, die Verlags­praxis Buchwissenschaft in München studiert, visualisierte die Antworten in Tabellen und filterte markante Aussagen heraus. "Es gab sowohl Überforderungen als auch Unterforderungen im Arbeitsalltag", hält Döllner fest, "hier fehlte eine Leitlinie für die Kommunikation, dort ein Ausbildungsplan; was für die einen Standard war, war für andere etwas Besonderes; Feedback-Gespräche waren rar." Mit den Ergebnissen der Umfrage begann die Taskforce, Kriterien für eine gelungene Ausbildung zu erstellen. Welches Unternehmen kann das neue Gütesiegel bekommen? "Mindestens zwei Auszubildende müssen den Bogen mit den Qualitätskriterien beantworten", erklärt Schaller, wobei die Kriterien in Buchhandlungen, Verlagen und im Zwischenbuchhandel in einigen Punkten differieren. Sind die Kriterien erfüllt, soll das Gütesiegel für zwei Jahre verliehen werden – "aber man kann sich immer wieder neu bewerben".
Die Taskforce-Mitglieder arbeiten derzeit noch einige kleinere Punkte ab, schließlich muss vieles bedacht werden. "Wir gehen aber fest davon aus, dass sich Unternehmen noch in diesem Jahr bewerben beziehungsweise Auszubildende ihre Unternehmen nominieren können", nennt Schaller ein Zeitfenster. Ein passender Rahmen für die erste Verleihung der Gütesiegel ist auch schon im Visier: Sie soll während der Frankfurter Buchmesse 2022 stattfinden.
Auch für Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs ist die Ausbildungsqualität wichtig: Sie unterstützt das Vorhaben der Taskforce und hat mit den Nachwuchssprecher*innen Jennifer Geneit und Lennart Schaefer, mit Bildungsdirektorin Monika Kolb und Berufsbildungsreferentin Elena Appel eine temporäre Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die auf Grundlage der Qualitätskriterien eine praktische Checkliste entworfen hat. "Sie soll Ausbilder*innen und Auszubildenden die wichtigsten Punkte an die Hand geben, womit sie die Qualität der Ausbildung im Unternehmensalltag überprüfen können", erläutert Appel.

Ansprechpartner*innen bei Problemen

Was aber können Auszubildende tun, wenn es nicht rund läuft und Punkte offen bleiben? "Zunächst sollten Auszubildende das Gespräch mit dem Ausbilder oder der Ausbilderin suchen", erklärt Appel. "Aber auch der Betriebsrat oder die Geschäftsführung vor Ort sind mögliche Ansprechpartner*innen." Die zuständige IHK könne unter anderem mit Schlichtungsgesprächen weiterhelfen. Und auch die Berufsbildungsreferentin bietet ihre Unterstützung bei Schwierigkeiten an: "Jede*r kann bei mir anrufen, sich per Mail melden, nachfragen, anklopfen. Ganz oft hilft es schon eine andere Perspektive zu hören oder sich Dinge mal von der Seele zu reden." Gern vermittelt Appel auch Ansprechpartner*innen der zuständigen IHK oder in den Unternehmen.

Checkliste: Was in der Ausbildung nicht fehlen sollte

Zum Start:

  • Einführung in das Unternehmen und das Team
  • Darstellung und Erklärung der relevantesten Unternehmensprozesse
  • Der Ausbildungsplan ist vorhanden und bekannt
  • Vertragliche Regelung und Darstellung der Überstunden, des Urlaubs und der Arbeitszeiten sowie deren Einhaltung


Während der Ausbildung:

  • Angemessener Arbeitsplatz bzw. Arbeitsumgebung (auch im Homeoffice)
  • Regelmäßiger Austausch mit der/dem Ausbilder*in
  • Feste*r greifbare*r Ansprechpartner*in als Anlaufstelle in der jeweiligen Abteilung
  • Teilnahme an abteilungsinternen / -übergreifenden Besprechungen
  • Durchlaufen verschiedener Abteilungen / Arbeitsbereiche
  • Fördern und Fordern im angemessenen Gleichgewicht
  • Möglichkeit zur Übernahme und Gestaltung
  • eigene Projekte
  • Regelmäßige Lehrgespräche und Lerneinheiten im Betrieb
  • Möglichkeit zu eigenverantwortlichem Arbeiten und eigenen Aufgaben / Bereichen nach entsprechender Einführung
  • Absprachen zur Anpassung der Ausbildung in Sondersituationen
  • Möglichkeit zur Teilnahme an branchentypischen Veranstaltungen oder Weiterbildungen
  • Geplante und ausführliche Feedbackgespräche mit der Möglichkeit des gegenseitigen Feedbacks


Zum Abschluss:

  • Abschluss- und Übernahmegespräch
  • Ausstellen eines qualifizierten Arbeitszeugnisses
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