Susanne Döllner, die Verlagspraxis Buchwissenschaft in München studiert, visualisierte die Antworten in Tabellen und filterte markante Aussagen heraus. "Es gab sowohl Überforderungen als auch Unterforderungen im Arbeitsalltag", hält Döllner fest, "hier fehlte eine Leitlinie für die Kommunikation, dort ein Ausbildungsplan; was für die einen Standard war, war für andere etwas Besonderes; Feedback-Gespräche waren rar." Mit den Ergebnissen der Umfrage begann die Taskforce, Kriterien für eine gelungene Ausbildung zu erstellen. Welches Unternehmen kann das neue Gütesiegel bekommen? "Mindestens zwei Auszubildende müssen den Bogen mit den Qualitätskriterien beantworten", erklärt Schaller, wobei die Kriterien in Buchhandlungen, Verlagen und im Zwischenbuchhandel in einigen Punkten differieren. Sind die Kriterien erfüllt, soll das Gütesiegel für zwei Jahre verliehen werden – "aber man kann sich immer wieder neu bewerben".
Die Taskforce-Mitglieder arbeiten derzeit noch einige kleinere Punkte ab, schließlich muss vieles bedacht werden. "Wir gehen aber fest davon aus, dass sich Unternehmen noch in diesem Jahr bewerben beziehungsweise Auszubildende ihre Unternehmen nominieren können", nennt Schaller ein Zeitfenster. Ein passender Rahmen für die erste Verleihung der Gütesiegel ist auch schon im Visier: Sie soll während der Frankfurter Buchmesse 2022 stattfinden.
Auch für Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs ist die Ausbildungsqualität wichtig: Sie unterstützt das Vorhaben der Taskforce und hat mit den Nachwuchssprecher*innen Jennifer Geneit und Lennart Schaefer, mit Bildungsdirektorin Monika Kolb und Berufsbildungsreferentin Elena Appel eine temporäre Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die auf Grundlage der Qualitätskriterien eine praktische Checkliste entworfen hat. "Sie soll Ausbilder*innen und Auszubildenden die wichtigsten Punkte an die Hand geben, womit sie die Qualität der Ausbildung im Unternehmensalltag überprüfen können", erläutert Appel.
Wenn dem allerdings so wäre, hätte man das eigentliche Problem weder gelöst noch ernsthaft angegangen. Einen Mindeststandard mit einem Gütesiegel zu belohnen gibt weniger Orientierung hinsichtlich der Frage, welcher Ausbildungsbetrieb besonders gut ist. Es gäbe Orientierung lediglich dahingehend, welcher Ausbildungsbetrieb die Mindestanforderungen erfüllt. Die Differenzierung findet dann eher nach unten statt, weil eher die am wenigsten Guten sichtbar werden, aber eben nicht die Besten ausgezeichnet werden. Wer Mindestanforderungen erfüllt, kann nicht der Beste sein.
Zuletzt sagt doch eine solche Checkliste bzw. deren Erfüllung wenig über die Qualität der darin aufgeführten Maßnahmen aus. Sie fragt lediglich nach dem "Ob" des Vorhandenseins, aber nicht nach dem "Wie" der Durchführung. An dieser Stelle sei nur das Beispiel des Feedbackgesprächs genannt: Es durchzuführen ist eben nicht gleichbedeutend damit, es gut gemacht zu haben.
Aber so oder so: Ein Anfang ist ein Anfang und dafür sollte man dankbar sein.