Homeoffice-Pflicht

Kritik aus dem Handel

20. Januar 2021
Redaktion Börsenblatt

Der Handelsverband HDE kritisiert die Verpflichtung für Arbeitgeber, die Mitarbeiter von zuhause arbeiten zu lassen. Lob kommt hingegen vom Digitalverband Bitkom – inklusiver einer wohlplatzierten Spitze.

Die geplante neue Verordnung soll verbindlich sein und bis zum 15. März 2021 befristet sein – dies hatte Kanzlerin Angela Merkel nach der Beratung mit den Länderchefs am vergangenen Dienstag erklärt. Die Reaktionen bleiben nicht aus.

Die neue Verpflichtung, während der Pandemie bei Büroarbeiten das Arbeiten im Homeoffice wenn möglich zuzulassen, sei angesichts des gerade ergangenen Appells des Bundespräsidenten für mehr freiwilliges Homeoffice von letztem Freitag nicht zu verstehen, moniert der Einzelhandelsverband HDE in einer Stellungnahme.

„Dieser sinnvolle Appell konnte doch noch gar keine Wirkung entfaltet haben. Man hätte hier erwarten dürfen, dass man zunächst dessen Wirkung abwartet, bevor man eine solche Verpflichtung nachschiebt“, so Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit, Bildung, Sozial- und Tarifpolitik.

Bedenklich sei auch, dass diese weitreichende Verpflichtung nun einfach auf dem Verordnungsweg durch das Bundesarbeitsministerium erfolgen solle. Hier hätte es aus Sicht des HDE zumindest einer Debatte im parlamentarischen Verfahren bedurft, so Haarke weiter. Erschwerend komme hinzu, dass die grundsätzlichen Bedenken bei Homeoffice, wie etwa die drohende Spaltung der Belegschaften, neue Rechtsunsicherheiten und Bürokratie sowie schlechte Internetverbindungen im ländlichen Bereich, nicht ausgeräumt seien.

Lob von Bitkom und eine Spitze

Der Branchenverband Bitkom hingegen findet Gefallen an der Verordnung und unterstützt den Vorstoß mit Zahlen:

  • Mit der neuen Homeoffice-Pflicht würden weitere 4,2 Millionen Erwerbstätige aus den Büros ins Homeoffice beordert.
  • Zusätzliche 8,3 Millionen Erwerbstätige, die derzeit teilweise im Homeoffice arbeiten, sollen künftig ganz auf die Fahrt ins Büro verzichten.
  • Der Verband erwartet, dass der Verkehr mit in Normalzeiten 19 Millionen Berufspendlern durch die Arbeit im Homeoffice um etwa die Hälfte gegenüber dem Vor-Corona-Niveau zurückgeht.
  • Laut einer Bitkom-Studie vom Dezember 2020 können 55 Prozent aller Jobs zumindest teilweise auch von zu Hause aus erledigt werden. Allerdings nehmen dies nur 45 Prozent der Erwerbstätigen wahr.
  • Lediglich 25 Prozent der Homeoffice-Berechtigten arbeiten vollständig zu Hause, 20 Prozent zumindest teilweise.

„Damit werden auch die Infektionsrisiken jener Menschen stark reduziert, die aufgrund ihrer Tätigkeit nicht im Homeoffice arbeiten können. Dass Homeoffice für alle funktioniert, wissen wir aus Untersuchungen und nicht zuletzt aus eigener Erfahrung: Die Mitarbeiter des Bitkom und vieler seiner Mitgliedsunternehmen arbeiten seit März 2020 nahezu ausschließlich im Homeoffice. Die Leistungsfähigkeit des Bitkom und der Branche wurde dadurch in keiner Weise beeinträchtigt“, unterstreicht der Verband. Und legt nach:

„Den größten Handlungsbedarf sehen wir jedoch in der Öffentlichen Verwaltung. Die meisten der 5 Millionen Beschäftigten der Öffentlichen Hand könnten von ihrer Tätigkeit her auch zu Hause arbeiten, den wenigsten wird es bislang ermöglicht. So wird zum Beispiel in jeder zweiten Kommune Homeoffice für kommunal Beschäftigte überhaupt nicht ermöglicht. Die Verpflichtung gegenüber den Unternehmen sollte ebenso auf die Öffentliche Verwaltung angewandt werden. Hier muss sich die Politik in Bund, Ländern, Städten und Gemeinden an die eigene Nase fassen.“

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