Corona-Lockdown

Handel fordert Öffnungsperspektive

2. Februar 2021
Redaktion Börsenblatt

Schluss mit hü, hott, Schluss mit „Fahren auf Sicht“ – der Handelsverband fordert einen Wirtschaftsgipfel und eine klare Öffnungsperspektive. Hier der Offene Brief vom 1. Februar an Peter Altmaier im Wortlaut.

„Sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Herr Altmaier, dieser harte Lockdown, der insbesondere unsere Branche trifft und für tausende von Einzelhandelsunternehmen in den Innenstädten und besonders im Modehandel das Aus bedeuten wird, darf nicht ohne Öffnungsperspektive fortgesetzt werden. Ihre Aussage gegenüber den Medien „Lockdown auch bei Inzidenzwert von unter 50 möglich“ hat unsere Kaufleute weiter tief verunsichert und deren Existenzsorgen dramatisch verstärkt. Das situative politische Handeln und Auf-Sicht-Fahren der letzten Monate muss dringend durch ein auch mittel- und langfristig tragfähiges Konzept ersetzt werden. Der Öffnungsstrategie von Bund und Ländern sollte eine klare politische Aussage zugrunde liegen, unter welchen Voraussetzungen basierend auf realistischen und fundierten Indikatoren der Einzelhandel wieder öffnen kann. Wir bieten gerne unsere Expertise zur Erarbeitung einer Öffnungsstrategie an, damit als Alternative zu dem pauschalen Lockdown ein intelligentes Konzept zielgenauer Einzelmaßnahmen zur Viruseindämmung verfolgt werden kann. Viele wirksame und zum Teil bereits erfolgreich erprobte Instrumente werden hierzulande bisher völlig unzureichend genutzt. Hierzu gehören konkret

  • technologische Lösungen zur systematischen Kontaktnachverfolgung
  • oder die Ausweitung der Teststrategien mit Schnelltests und verbraucherfreundlichen Heimtests.

Ein weiterer wesentlicher Baustein zur effektiven Viruseindämmung ist die Impfstrategie und neben der ausreichenden Verfügbarkeit wird die Akzeptanz für das Impfen in der Bevölkerung entscheidend sein. Als Einzelhandel sind wir ein wichtiger Multiplikator in Richtung sowohl unserer Kundinnen und Kunden als auch unserer Beschäftigten und möchten mit gemeinsamen Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier Informations- und Aufklärungskampagnen unseren Beitrag dazu leisten, schnell zu einer möglichst breiten Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu kommen. Auf der Grundlage der bewährten Hygienekonzepte, die wir nochmals überarbeiten und anpassen werden, sowie der Verhaltensregeln, die sicheres Einkaufen nachweislich auch in Pandemiezeiten gewährleisten, sollte dann möglichst rasch die schrittweise Rückkehr zu einem geordneten Geschäftsbetrieb ermöglicht werden. Auf dem Weg zu einer vollständigen Wiedereröffnung ziehen wir auch ein abgestuftes Vorgehen in Betracht. Dies ist umso notwendiger je länger der pauschale Lockdown andauert und sich die eklatanten Wettbewerbsverzerrungen zwischen stationärem und Online- Handel sowie innerhalb des Handels mit gemischten Sortimenten zunehmend verschärfen.

Die Lockdown- und Öffnungsdebatte sollte mit Umsicht, Augenmaß sowie der notwendigen Transparenz und Beteiligung aller Branchen erfolgen. Wir stehen in enger Abstimmung mit den übrigen Spitzenverbänden und regen an, kurzfristig einen Wirtschaftsgipfel zu organisieren und bitten Sie dringend, diesen im Kanzleramt zu unterstützen. Dieser Wirtschaftsgipfel soll auch Klarheit und Verbindlichkeit zu den Wirtschaftshilfen bringen. Unter dem Zeitdruck und der fehlenden Öffnungsperspektive ist die Enttäuschung der betroffenen Unternehmen immens, dass bisher die inhaltlichen und formellen Bestimmungen zur Überbrückungshilfe III weder veröffentlicht wurden, noch klar ist, wann es zu einer Auszahlung kommen wird. Wir wären Ihnen daher sehr verbunden, wenn Sie unsere Hinweise in Ihren weiteren Beratungen berücksichtigen würden und stehen Ihnen jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung.

 

Unterzeichnet:

Josef Sanktjohanser
Stefan Genth“