So könnte es gehen
Wie die Frankfurter Buchmesse unter Pandemie-Auflagen funktionieren kann, das ist im Moment schwer vorstellbar. Folkert Roggenkamp findet die Herbstmesse wichtig – und hat einen Vorschlag.
Wie die Frankfurter Buchmesse unter Pandemie-Auflagen funktionieren kann, das ist im Moment schwer vorstellbar. Folkert Roggenkamp findet die Herbstmesse wichtig – und hat einen Vorschlag.
Warum wird die Frankfurter Buchmesse gebraucht? Weil sie der wichtigste öffentlichkeitswirksame Kulminationspunkt der Buchbranche ist: Die Medien, egal ob print, online, TV oder Radio, berichten anlassbezogen. Der Deutsche Buchpreis und der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels funktionieren medial durchaus bewährt, aber nur punktuell. Ohne den Anlass »Frankfurter Buchmesse« fehlt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für das Buch und damit der Umsatz in den Kassen von Buchhandlungen und Verlagen. Kein Player der Buchbranche kann es sich leisten, auf diesen Effekt zu verzichten.
Weil ihnen das bisher sehr wohl bewusst war, haben deutsche und internationale Buchverlage immer wieder hohe fünf- und noch höhere sechsstellige Beträge in die Messeauftritte investiert: Der Nutzen für das eigene Haus ist kaum bezifferbar, für die gesamte Buchbranche jedoch unbezahlbar. Fällt die diesjährige Frankfurter Buchmesse aus, ist der Schaden immens – so viel ist sicher.
Aber in diesem Jahr will kaum ein Verlag auf der Frankfurter Buchmesse ausstellen. Die Gründe dafür sind einleuchtend und vielfach genannt. Und bei allen großen und bewundernswerten Anstrengungen des Teams um Juergen Boos: Es fehlt noch an der Fantasie, wie eine Buchmesse unter Pandemie-Bedingungen aussehen kann.
Klar ist nur: Die Buchmesse wird anders werden müssen – in diesem Jahr und vermutlich für viele Jahre. Eine ausschließlich virtuelle Buchmesse ist ein faszinierender Gedanke, aber aus vielerlei Gründen Quatsch (sorry!). Wer jedoch seine Bücher in Frankfurt präsentieren möchte, ohne selbst vor Ort zu sein, könnte im Verbund mit anderen Verlagen die Buchmesse zu einem Gesamtkunstwerk machen. Bei den zu erwartenden geringeren Aussteller- und Besucherzahlen ist die neue Raumfreiheit ein Geschenk, das wir besser nutzen sollten. Keine Verlagsstände mehr, sondern Tausende von Bücherinstallationen, großzügig verteilt im freien Raum. Vielleicht kann ein großer Teil der Messehallen zu einem Messepavillon nach dem Vorbild der Länderpavillons werden, meinetwegen gestaltet von namhaften Designern, Architekten, Künstlern, um für ein bisschen Bling-Bling zu sorgen. Eine fulminante Bücherschau, aber mit den raffinierten technischen Möglichkeiten des
21. Jahrhunderts. Dadurch verweist die Buchmesse unverändert auf das Buch, ohne den intensiven Kontakt zwischen Besuchern und Ausstellern zu benötigen. Zudem werden Bücher sprechend, wenn aus ihnen (vor-)gelesen wird, Hörbücher sprechen an Hörstationen ganz von allein, Tablets gewähren multimediale Ablenkung. Und über das kostenlose und leistungsfähige WLAN – ein frommer Wunsch, möge er in diesem Jahr erhört werden – gibt es alles an Inhalten, was sonst nur durch die Verlagsmitarbeiter*innen vermittelt wird, inklusive der Elemente der »virtuellen Buchmesse« oder spontanen Zoom-Konferenzen und Webinaren. Bei all den Möglichkeiten wäre natürlich niemandem untersagt, in dafür vorgesehenen Hallenbereichen einen klassischen Messestand zu betreiben.
Eine spektakuläre Bücherschau statt einer rein verlagsbezogenen Buchmesse – das ist nicht die ultimative Lösung, aber ein andockfähiger Vorschlag für die Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr und die nähere Zukunft. Eure Bücher sind dort und werden wahrgenommen, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber Ihr braucht nicht in voller Mannschaftstärke anzurücken. Können wir das so machen?
Eine fulminante Bücherschau, aber mit den technischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts.