Sie sind frisch gebackene Verlegerin und Autorin auf einmal – wie ist das so für Sie?
Die Tage sind zu kurz! Ich befinde mich in einem ähnlichen Spagat wie beruflich ambitionierte Mütter: Das Baby, der Verlag, verlangt nach Zuwendung, aber auch der Prozess des Schreibens erfordert Zeit und Konzentration. So geraten die Autorin Lou Bihl und die Verlegerin Marie-Luise Sautter-Bihl gelegentlich in Interessenkonflikte. Die Freude an der jeweiligen Tätigkeit führt jedoch meist zu einer Einigung.
Wie kamen Sie dazu, auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie einen Verlag zu gründen?
Ich hatte das Gefühl, dass sich eine aggressiv-ängstliche Verdrossenheit rasanter ausbreitete als das Virus. Und persönliche oder gesellschaftliche Missstimmungen lassen sich wie Krankheiten am besten »therapieren«, indem man sich Ziele setzt, die eine positive Perspektive eröffnen. Herausforderungen wirken wie ein Lebenselixier. So war die Krise für mich der richtige Moment für die Verlagsgründung.
Welchen Themenbereichen will sich der Verlag in den nächsten Jahren widmen?
Ich habe viele Jahre als Ärztin gearbeitet. Dieser sehr erfüllte Lebensabschnitt liegt nun hinter mir, und ich nehme viel daraus mit in mein neues Leben als Verlegerin: Bei Unken werden also Geschichten aus dem Gesundheitsbereich eine wesentliche Rolle spielen. Mein Anliegen ist. unter anderem, Entwicklungen im Gesundheitssystem kritisch zu beleuchten, ohne zu belehren. Auch sozial relevante Nischenthemen und Dystopien bzw. Geschichten, die in naher Zukunft spielen, sind ureigene Unkenthemen. Last not least geht es um »Kunst und Geschichten«. Das Wort und die Kunst in einem Bildband zusammenzubringen, finde ich eine spannende Herausforderung. Name und Logo des Verlages passen also in mehrfacher Hinsicht zum Themenspektrum: Das Unkenauge ist farbempfindlich und sucht das Bunte – vor allem in der Diversität und in den Nischen nicht-alltäglicher Lebensformen, die im Bewusstsein zu wenig präsent sind.