Drei Dinge, die zählen
Müssen Buchhandlungen mit immer neuen Hilfsmaßnahmen staatlich unterstützt werden? Bücherwagendienst, Preisbindung und verminderte Mehrwertsteuer sind ausreichend – meint Martina Bergmann.
Müssen Buchhandlungen mit immer neuen Hilfsmaßnahmen staatlich unterstützt werden? Bücherwagendienst, Preisbindung und verminderte Mehrwertsteuer sind ausreichend – meint Martina Bergmann.
Nun sind wir von Borgholzhausen nach Rietberg umgezogen und die Menschen haben für mich neue Namen. Sie sind aber keine ganz anderen, und sie teilen sich, wie in Borgholzhausen, ihre Straße mit der Buchhändlerin. Die Situationen des Alltags sind vergleichbar. Die meisten Leute sind nett. Einige reden viel, andere weniger. Mit dem Umsatz verhält es sich oft umgekehrt proportional. Die Buchhändlerin wird gemocht, denn das Sozialprestige des Berufs ist hoch.
In diesem konkreten Fall gefällt den neuen Kund:innen, dass sie ihre Buchhändlerin gut googeln können. Sie finden ein Netz voller Geschichten. Als ich vor 13 Jahren anfing, suchten die Menschen eine Tradition, die es nicht gab. Woher auch? Gelernt habe ich: Im Buchhandel vertraut man alten Bildern.
Bilder über Buchhandlungen unterliegen auch dem Wandel, natürlich. Aber einige Botschaften sind, mehr oder weniger prominent, immer enthalten. Die Leseförderung, die Veranstaltung, die Kooperation. Die Buchhandlung zu unterstützen ist neu; das war ein Jahrzehnt zuvor noch nicht präsent. Man suchte eine Buchhandlung auf, weil man sie gut fand, weil es praktisch war. Ich überlege, ob man damals schon ganz bewusst dort erschien, und glaube, ja.
Die Unterstützungswürdigkeit ist eine Umprägung neueren Datums. Da war zunächst der Buchhandlungspreis ab 2015. Und dann die Radelei während Corona. Ich habe meine Skepsis hierzu jeweils ausführlich mit Ihnen und anderen diskutiert. Meine Meinung dazu findet nicht die Gegenliebe einer Mehrheit, die meint, der Buchhandel sei ein Kulturgut an sich. Deswegen stünden ihm immer neue Hilfsmaßnahmen zu, also Geld und mehr Geld. Beide Haltungen sind legitim.
In der neuen Stadt und, seit je, in meinem Landkreis, profitiere ich als Unternehmerin von Dienstleistungen der Wirtschaftsförderung. Sprechstunden mit Rechtsanwälten und Steuerberatern, Mentoring-Programme; oft genug hilft schon das offene Ohr. Sprechen sortiert und löst. Geld überwiesen zu bekommen, ist hingegen auf kommunaler Ebene unüblich, es sei denn, die Stadt kauft Bücher. Die Erwartungen wachsen aber wechselseitig.
Städte haben lieber eine Buchhandlung als noch drei Versicherungsbüros und einen x-ten Handyladen. Fünfmal Fast Food zu Mittag ist nicht so schön wie wenigstens ein Restaurant mit Messer und Gabel. Gastronomie und der Einzelhandel sind allerdings Firmen der Privatwirtschaft und keine öffentlichen oder halbstaatlichen Organe. Es braucht also immer eine Unternehmerperson, jemanden, der oder die Zeit und Geld einsetzt. Die Buchhändlerin.
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