Der partielle Zusammenschluss von Thalia/Mayersche und Osiander bringt uns alle zum Nachdenken. Welche Dynamik erleben wir da und wohin führt das?
Ich kann Osiander-Chef Heinrich Riethmüller sehr gut verstehen, dass er genervt ist von dem Narrativ »kleine Buchhandlungen sind gute Buchhandlungen und große Buchhandlungen sind schlechte Buchhandlungen«. Die Breite des Angebots, die Titelzahl ist höher, was daran zweifeln lässt, dass so wirklich Vielfalt verloren geht. Zwar führt die Lieferantenreduktion zu einer Verengung auf ein Mainstream-Angebot, aber der Rest wird auch bei Thalia übers Barsortiment beschafft; um die Vielfalt steht es nicht so schlecht. Und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss man eine Lanze brechen: Sie stammen zu großen Teilen aus übernommenen Buchhandlungen oder haben im unabhängigen Buchhandel ihre Ausbildung gemacht. Die werden doch nicht dümmer, nur weil sie einen neuen Arbeitgeber haben.
Was mich mehr beschäftigt, ist das Gefühl, dass hier etwas ganz grundsätzlich nicht stimmt. Ich habe die Entwicklung von den ersten kleinen Montanus-Läden an miterlebt, die Entstehung von Phönix, die Fusion mit Thalia, die Übernahmen von Bouvier, Gondrom, von Campe, Kaiser, Kober-Löffler, von Buch+Kunst, den Herder-Buchhandlungen, die Fusion mit der Mayerschen bis zur Übernahme von Wittwer. Das Unternehmen ist gewachsen und gewachsen – beeindruckend. Und jede Übernahme führte zu einem Anwachsen der Marktmacht. Die Einkaufsgespräche wurden von Jahr zu Jahr härter. Das kann niemanden überraschen, das kennt man aus nahezu allen Einzelhandelsbranchen. Und mit der Marktmacht wuchsen die Konditionenforderungen.