Betriebswirtschaftliche Corona-Bilanz für 2020

Das hat die Pandemie den Buchhandel gekostet

19. März 2021
Redaktion Börsenblatt

Der Indie-Buchhandel hat sich im Corona-Jahr 2020 sehr gut geschlagen – trotz wochenlanger Lockdown-Phasen. Doch die Umsatzerfolge sind teuer erkauft, wie diese Analyse von Veit Hoffmann zeigt. Der Buchhändler hat sich das Betriebsergebnis von LG-Buch-Kollegen genauer angeschaut.

Was am Ende übrig bleibt, oder die Wahrheit der B-Seite: Mit welchen Umsätzen und Ergebnissen hat der Sortimentsbuchhandel das Jahr 2020 abgeschlossen? Jene harten zwölf Pandemie-Monate mit dem Shutdown von Mitte März bis Mitte April, dem Lockdown light ab Mitte November und schließlich dem harten Lockdown mitten im Weihnachtsgeschäft.
Fragt man die Kolleg*innen, die Tag für Tag vor Ort in ihren Buchhandlun­gen stehen, ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Viele scheinen recht gut durch das Pandemiejahr 2020 gekommen zu sein, und zum Teil wird von erheblichen Umsatzzuwächsen von bis zu 30 Prozent berichtet. Aber es gibt auch andere Stimmen. Vor allem Buchhandlungen in 1-a-Lagen leiden unter Frequenzverlust, denn die Lust zu flanieren war im Sommer 2020 bei Weitem nicht so groß wie in den Jahren davor.

Doch die älteren unter uns wissen, jede Single hat auch eine B-Seite, und die hat nur in wenigen Fällen die Qualität des schillernden Tophits von Seite A. So ist das auch mit den Umsatzzuwächsen des Jahres 2020.

Hart erarbeitet

Viele Kolleg*innen haben sich die Umsatzzuwächse durch einen hohen personellen Einsatz erkauft. Die Kund*innen konnten während der Lockdown-Phasen nicht mehr in den Buchhandlungen stöbern, sondern recherchierten selbst und bestellten dann Titel, die in der Buchhandlung nicht vorrätig waren. Dies führte zu nennenswerten Umsatzzuwächsen bei den Barsortimenten, aber auch zu ­sinkenden Handelsspannen in den Buchhandlungen. 

Zusätzlich fielen immense Kosten für durch Hygienevorschriften verursachte Umbaumaßnahmen und Schutzkonzepte an. Da wurden im März 2020 innerhalb von Stunden aus stationären Sortimenten Versandbuchhandlungen und aus diesen Ende April wieder ­Corona-konforme stationäre Sortimente, um dann im Dezember zu Click & Collect-Buchhandlungen zu werden. 

Es wurden mit unendlicher Energie und ohne Rücksicht auf Personalstunden Lieferdienste aus dem Boden gestampft, um den Kundenkontakt nicht zu verlieren und die glücklicherweise zahlreichen Bestellungen auszuliefern. Veranstaltungen wurden erst verschoben, dann ganz abgesagt oder in die Virtualität verlegt. 

Die Buchhandlungen haben in digitale Technik und Onlineshops inves­tiert, sie haben Schutzwände und Desinfektionsmittel angeschafft und Eingangsschleusen konzipiert, um den Kundenstrom zu regeln. Den Mitar­beiter*innen wurde Winterkleidung auf Firmenkosten zur Verfügung gestellt, denn regelmäßiges Lüften lässt im Winter die Temperaturen in Geschäften empfindlich sinken. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben all dies mitgemacht und in vielen Fällen nicht auf ihr Stundenkonto geachtet. Die ­Firmen haben nicht nur Überstunden ausgezahlt – die, die es sich leisten konnten, haben diesen außergewöhnlichen Einsatz oft zusätzlich mit der Zahlung von Corona-Prämien vergütet. 

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